Fast unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat die Europäische Union eine gewaltige Umverteilung von Marktanteilen und Honoraren im Bereich der Wirtschaftsprüfer angestoßen. Für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften entstehen riesige Chancen, aber auch hohe Risiken für das kommende Geschäft.
Alleine bei den Dax 30 sind es geschätzte 250 Millionen € an Prüfungshonoraren, die im Rahmen von komplexen Vergabeprozessen neu verteilt werden. Zudem wird durch die sogenannte Fee Cap (Umsatz für Nichtprüfungsleistung) und die strengere Definition von zulässigen Nichtprüfungsleistungen neue Grenzen gezogen.
Gewaltige vertriebliche Herausforderung
Es ist also absolut notwendig diese Rahmenbedingungen auf jeden Mandanten hin zu prüfen. Welche Kunden müssen Ihren Prüfer wechseln? Wo darf eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Beratungsfirma wann welche Leistungen verkaufen?
Sobald diese komplexe Aufgabe gelöst ist, stehen Wirtschaftsprüfer vor einer gewaltigen vertrieblichen Herausforderung. Denn es ist davon auszugehen, dass alle am Markt etablierten Gesellschaften versuchen von dem Kuchen möglichst viel abzubekommen. Aufgrund des Auftragsvolumen und der eigenen Wachstumsziele sind hohe Investitionen in Marketing und Vertrieb notwendig und sinnvoll.
Riskante Entscheidungen notwendig
Zuerst muss eine vertriebsorientierte, auf die individuelle Kundensituation angepasste langfristige Akquisitionsstrategie aufgestellt und umgesetzt werden. Beziehungen zu Vorständen, insbesondere zu CFO sind aufzubauen, aber auch zu den Personen in den Entscheidungsgremien. Des Weiteren ist abzuwägen was in Zukunft das Kerngeschäft, quasi die Cashcow, in den nächsten Jahren sein soll. Geht man in das Risiko sich als Abschlussprüfer zu platzieren muss rechtzeitig auf gewisse beratende Dienstleistungen und somit auf lukrative Aufträge verzichte werden.
Der Aufbau von Vertriebsressourcen ist sinnvoll
Stehen genug erfahrene Ressourcen, die mit der Materie vertraut sind, zur Verfügung? Die exzellente vertriebliche Methodenkompetenz mit guten Marktkenntnissen verbinden? Gute, professionelle Vertriebler mit internationaler Erfahrung auf Vorstandebene und hohem Branchenwissen sowie Kenntnisse der Materie sind innerhalb der WP-Gesellschaften eher selten.
Dabei ist spätestens jetzt jedem klar, dass hier neben einem guten Ruf (Brand), exzellenter Fachexpertise und gutem Marketing vor allem Vertrieb gefordert ist. Denn ja, Sie müssen „Kaltakquise“ betreiben, ja Sie müssen neue Beziehungen knüpfen, ja, Vertriebspsychologie spielt eine wichtige Rolle, geschicktes Key-Account-Management ist gefordert und nein, es reicht nicht aus tolle Fachveranstaltungen und Events zu organisieren und von guten Grafikern aufbereitete Präsentationen zu erstellen.
Die Gewinner der Reform: vertriebsstarke Prüferteams und Kunden
Daher ist es schon heute wichtig neben dem eigenen Aufbau von eigenen vertriebsorientierten Organisationseinheiten rechtzeitig externes Coaching in die Prozesse mit einzubinden. Diejenigen, die sich bestens aufstellen und vorbereiten, werden zu den großen Gewinnern der Reform gehören.
Die Kunden werden ebenfalls profitieren. Denn ein Prüferwechsel ist mit hohen Risiken verbunden, dauert es doch unter Umständen mehrere Jahre bis ein neues Prüferteam eingearbeitet ist. Je eher also aktiv auf Kunden zugegangen wird, vertrauensvolle Beziehungen aufgebaut und wichtige Informationen und Entscheidungen geteilt werden, umso geringer sind die Anlaufrisiken. Daher ist eine aktive Akquisitionsstrategie auch zum Nutzen des zukünftigen Mandanten.