Kommunikation am Arbeitsplatz: Das müssen Chefs beachten

Kommunikation ist das Schmiermittel der Zusammenarbeit in Unternehmen. Deshalb müssen Kommunikationsprozesse von Chefs und Projektleitern effektiv gestaltet werden – und das erfordert im digitalen Zeitalter besondere Sorgfalt. Damit es nicht kriselt oder kracht, sollten Sie die folgenden Tipps beachten.

 

„Das habe ich dem Meyer doch gesagt.“ „Ich hatte der Müller eine Mail geschrieben.“ Solche Aussagen hört man oft, wenn etwas schief läuft. In der Regel hat dann derjenige den Schwarzen Peter, der zum Beispiel eine Notiz im Meeting-Protokoll überliest, eine Mail falsch interpretiert oder einer Bemerkung seines Chefs oder eines Kollegen zu wenig Bedeutung beimisst.

 

Die vier Ebenen der Kommunikation

Die Komplexität zwischenmenschlicher Kommunikation wird häufig unterschätzt. Um zu verstehen, woran diese scheitert, ist es hilfreich, sich die vier Ebenen der Kommunikation (auch Vier-Seiten-Modell) vor Augen zu führen. Denn ein und dieselbe Aussage kann, je nachdem auf welcher Ebene sie Ihr Gegenüber aufnimmt, ganz unterschiedlich gedeutet werden. Das bekannte Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun erklärt mitunter starke Reaktionen auf Aussagen, die eigentlich ganz harmlos gemeint waren.

Nach dem Vier-Seiten-Modell werden

– die Sachebene (rein informierender Sachinhalt),

– die Selbstkundgabe (das, was anhand der Aussage über den Sprecher deutlich wird),

– die Beziehungsebene (was die Nachricht über die Beziehung der Kommunikatoren offenbart)

– und der Appell (zu was der Empfänger veranlasst werden soll)

unterschieden.

Folgendes Beispiel zeigt, wie eine Aussage durch die Kommunikatoren ganz anders aufgefasst wird, als sie gemeint war:

Der Chef sagt zu seinem Team: „Wir sind drei Tage hinter dem Zeitplan“

Das will der Chef sagen:

– Sachebene: Das Projekt ist um drei Tage verzögert.

– Selbstkundgabe: Damit bin ich unglücklich.

– Beziehungsebene: Ich bin von eurer Leistung enttäuscht.

– Appell: Ich erwarte von jedem im Team, die Zeit durch mehr Einsatz aufzuholen.

Doch einer der Mitarbeiter versteht:

– Sachebene: Das Projekt ist um drei Tage verzögert.

– Selbstkundgabe: Er ist froh, dass es dieses Mal nicht mehr zeitlichen Rückstand gibt.

– Beziehungsebene: Ihr habt euch ins Zeug gelegt, um größere Verzögerung zu verhindern.

– Appell: Macht so weiter, wie bisher.

 

Gefragt sind sensible Kommunikatoren

Insbesondere Führungskräfte und Projektleiter müssen sehr sensible Kommunikatoren sein – aufgrund ihrer Schlüsselfunktion in der Organisation. Sie brauchen ein feines Gespür für Fragen wie:

„Welche Botschaften sende ich aufgrund meines Verhaltens, meiner Worte, meines Auftretens aus?“ Und: „Wie werden diese von meinen Gesprächspartnern interpretiert?“ Sie müssen die Kommunikation mit Menschen so gestalten können, dass Sie die gewünschte Wirkung erzielen.

Das setzt voraus, dass die Kommunikation in einem angemessenen Rahmen erfolgt und die Führungskräfte sich hierfür ausreichend Zeit nehmen. Bei wichtigen Themen sollen Sie ihre Mitarbeiter nicht nur über den Sachverhalt informieren, sondern sich auch vergewissern: Kam meine Botschaft an? Wurde sie verstanden? Und:

Ist dem Mitarbeiter klar, was diese für seine Arbeit und das Unternehmen bedeutet?

Auch dieses Sich-Vergewissern erfordert Sensibilität. Denn eine Rückfrage wie „Haben Sie mich verstanden?“ kann unterschiedlich aufgefasst werden – zum Beispiel als reine Infofrage, ob die Botschaft ankam (Sachebene), aber auch als Ausdruck eines mangelnden Vertrauens in die Kompetenz des Empfängers (Beziehungsebene). Deshalb sollten Sie solche Rückfragen nicht als „Du-Botschaften“ („Haben Sie mich verstanden?“), sondern als „Ich-Botschaften“ formulieren: „Habe ich mich so ausgedrückt, dass meine Aussage verständlich war?“ Das beugt Irritationen und Konflikten vor.

 

Mehr Kanäle und mehr offene Fragen

Das Thema Kommunikation ist in Unternehmen hochbrisant. Denn aufgrund der zunehmenden Team- und Projektarbeit müssen Mitarbeiter heute abteilungs-, standort- und hierarchieübergreifender agieren als in der Vergangenheit. Sie müssen also verstärkt mit Kollegen zusammenarbeiten, die sie aufgrund räumlicher Distanz selten bis nie sehen. Die wechselseitige Information und Kommunikation erfolgt daher zunehmend mit Hilfe der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie. Und genau hier schlummern Gefahren: Denn bei elektronischer Kommunikation gehen viele Informationen verloren, die beim persönlichen Gespräch vermittelt werden. Dadurch erhöht sich das Risiko, dass Botschaften falsch oder gar nicht ankommen. Zudem kann der Sender, weil er den Empfänger und seine Reaktion nicht sieht, schwieriger einschätzen, ob die Botschaft angekommen ist, ob sie angemessen interpretiert wurde und welches Empfinden und Verhalten sie auslöst.

Deshalb müssen die Verantwortlichen in Unternehmen ihre Informations- und Kommunikationsregeln überdenken. Sie müssen sich fragen: An welchen Maximen sollte sich unser Informations- und Kommunikationsverhalten im digitalen Zeitalter orientieren, damit wir weiterhin die gewünschte Wirkung erzielen? Was kommunizieren wir zum Beispiel per Mail und wann suchen wir das persönliche Gespräch – sei es per Telefon, Skype oder unter vier Augen? Welche Verhaltensregeln sollen für unsere Kommunikation per Mail oder mittels der Social Media gelten? Nur so kann auf die sich rasant verändernden Arbeitsstrukturen und -beziehungen sowie die Informations- und Kommunikationsstrukturen reagiert werden.