Haben Sie manchmal das Gefühl, zu wenig Zeit für sich zu haben und beruflich immer am Limit zu arbeiten? Möchten Sie mit mehr Widerstandskraft durch die täglichen Belastungen im Alltag gehen? Dann geht es Ihnen wie vielen anderen Menschen auch. Karriere-Coach Astrid Overbeck stellt sieben Schlüsselkompetenzen vor, die Ihnen helfen, mit Druck und Stress besser klar zu kommen.
In der heutigen Zeit wird von uns erwartet, immer mehr zu leisten und äußerst belastbar zu sein. So führen rasante technologische Veränderungen und ein zunehmend harter globaler Wettbewerb zu immer mehr unvorhersehbaren Veränderungen in immer kürzeren Zeitabständen. Die Komplexität im Arbeitsalltag wächst genauso wie die Anzahl der Informationen, die wir verarbeiten müssen. Wir werden täglich mit neuen Anforderungen konfrontiert und sind permanent gefordert, uns auf neue Situationen und Umstände einzustellen. In vielen Firmen ist eine Organisationsänderung noch gar nicht abgeschlossen, da beginnt schon die Nächste. Teilweise werden unterschiedlichste Bereiche gleichzeitig verändert, so dass man vielfältige Wechselwirkungen und komplexe Zusammenhänge beachten muss. Unsere Belastbarkeit und Widerstandskraft bzw. Resilienz ist also täglich gefordert.
Dank Resilienz mit Belastungen besser klarkommen
Was führt dazu, dass jedoch manche Menschen mit den gleichen Belastungen besser umgehen können als andere? Diesem Thema hat sich die Resilienzforschung gewidmet: Resilient zu sein bedeutet, das man über Handlungs- und Orientierungsmuster verfügt, um schwierige Situationen zu bewältigen und zu meistern, ohne zu resignieren. Dabei geht es um Denkweisen und Verhaltensgewohnheiten, die ein Leben lang veränderbar und weiterentwickelbar sind. Resilienz ist demgemäß keine Eigenschaft, die man besitzt oder nicht, sondern eine Mischung aus Haltungen, Verhaltensweisen und Kompetenzen, die man sich aneignen und verändern kann. Auf die Arbeitswelt bezogen sind folgende sieben Karrierekompetenzen besonders hilfreich:
1. Akzeptanz
2. Optimismus
3. Lösungsorientierung
4. Selbststeuerung
5. Verantwortungsbewußtsein
6. Netzwerkorientierung
7. Zukunftsorientierung
1. Karrierekompetenz Akzeptanz: Ich hadere nicht mit der Situation
Das heißt auf die Karrierekompetenz bezogen: „Ich entwickle für mich eine innere Haltung, in der ich nicht mit der Situation oder Gegebenheiten hadere. Ich schaffe es, Mehrschichtigkeit oder auch Ungewissheit auszuhalten. Ich lehne mich nicht dagegen und wünsche mir alles anders, sondern akzeptiere die Dinge, so wie sie sind.”
Bei Veränderungsprozessen durchläuft jeder Mensch üblicherweise die sieben Phasen:
– Schock
– Verneinung
– rationale Einsicht
– emotionale Akzeptanz
– ausprobieren
– Erkenntnis
– Integration
Der resiliente Mensch durchläuft die ersten Phasen auch, allerdings gelingt es ihm, schneller zu der emotionalen Akzeptanz zu kommen, und die neuen Gegebenheiten zu akzeptieren und für die neue Situation neue Handlungsweisen zu erlangen.
2. Karrierekompetenz Optimismus: Ich sehe den Dingen positive entgegen
Das resiliente Denken kennzeichnet sich durch eine freudige Grundhaltung – ich trete den Dingen in freudiger Gestimmtheit entgegen und sehe zunächst mal neue, unvorhergesehene Situationen als Chance und betrachte zuerst zukünftige Möglichkeiten, die sich mir eröffnen, bevor ich an mögliche Einschränkungen denke. Rückschläge verbuche ich als Erfahrungen, die mich weitergebracht haben im Leben.
3. Karrierekompetenz Lösungsorientierung: “Alles ist machbar”
Hierbei geht es darum, eine „Can-Do Haltung” zu entwickeln“ und nicht in Problemen zu denken. Manche Menschen beginnen gerne ihre Sätze mit „Ja, aber”. Der resiliente Mensch stellt sich eher Fragen, die folgendermaßen beginnen: “Wie kommen wir dahin?” oder “Was brauchst du, um…” oder “Wie können wir das lösen“ und nicht „Das Problem ist….“
Das heißt, ich versuche nicht das Problem von allen Seiten zu analysieren und die Ursachen herauszufinden, sondern wende meinen Blickwinkel nach vorne und konzentriere meine Aktivitäten darauf, eine Lösung zu finden. Bei Fehlern verharre ich nicht in endlosen Diskussionen, wieso die Dinge nicht funktionieren, sondern suche nach Möglichkeiten, wie ich etwas verändern kann.
4. Karrierekompetenz Selbststeuerung: Ich bin kein Opfer des Systems
Viele Menschen fühlen sich gefangen im System. Sie haben das Gefühl, sie könnten nichts bezwecken oder bewirken. Sie fühlen sich als Opfer der Situation und nehmen ihre Einflussmöglichkeiten nicht wahr.
Resilient ist dagegen, wer Selbstwirksamkeit erfährt und fühlt: Ich weiß, mein Beitrag ist wichtig, wenn ich etwas unternehme, gibt es eine Auswirkung. Hilfreich dafür, eine solche Haltung zu entwickeln ist der Gedanke: ich habe immer eine Wahlmöglichkeit – es gibt Alternativen für mein Handeln – nur haben diese Alternativen einen Preis und manchmal bin ich nicht bereit, diesen Preis zu zahlen. Dann ist es aber eine bewusstere Entscheidung, möglicherweise in einer Situation zu verharren, die eventuell anstrengend ist.
5. Karrierekompetenz Verantwortungsbewusstsein: Ich bin selbst für mich verantwortlich
Im Berufskontext bedeutet diese resiliente Verhaltensweise, dass ich für mich selbst sorge, achtsam mit mir und meinen Ressourcen umgehe und Grenzen setzen kann, zum Beispiel wenn meine Arbeitsbelastung zu hoch ist. Verantwortung muss jeder für sich selbst übernehmen. Gleichzeitig bedeutet Verantwortungsbewusstsein in diesem beruflichen Kontext auch, über den eigenen Tellerrand zu schauen, die Auswirkungen des eigenen Tuns zu betrachten und Prozesse, an denen ich zwar nur zu einem Teil beteiligt bin, bis zum Ende verstehen. Damit kann die Auswirkungen meines eigenen Tuns im Gesamtkontext besser erkennen.
6. Karrierekompetenz Netzwerken: Gemeinsam geht alles einfacher
Hier geht es unter anderem darum, nicht alles alleine zu stemmen, sondern sich Hilfe suchen bzw. auch andere Kollegen um Hilfe zu bitten. Im beruflichen Umfeld ist es wichtig, rechtzeitig ein Netzwerk aufzubauen – und zwar bevor man es braucht. Denn wenn man dann erst damit beginnt, wenn man es braucht, ist es häufig schon zu spät. Networking ist insbesondere in großen Konzernen eine sehr wichtige Fähigkeit, da Berichtslinien häufig standortübergreifend sind oder man in virtuellen Teams arbeitet, in denen sich die Teammitglieder nicht persönlich kennen. In vielen Großkonzernen gehört die Fähigkeit, sich ein gut funktionierendes Netzwerk aufzubauen, zu den Kernkompetenzen einer beruflichen Karriere und wird auch in ihrer Ausprägung beurteilt.
7. Karrierekompetenz Zukunftsplanung: Ich setze mir Ziele
Ohne Fokus auf ein Ziel oder eine Zukunft bin ich wie ein Fähnchen im Wind allen Veränderungen und Krisen ausgesetzt. Wenn ich meine berufliche Zukunft plane, fokussiere ich meine Energie zielgerichtet. Allerdings haben resiliente Menschen immer einen Plan B oder C in der Tasche, das heißt, sie halten nicht daran fest, wenn Plan A nicht funktioniert. Sie denken in Alternativen und bereiten sich gedanklich schon auf verschiedene Szenarien vor.
Autorin und Coach: Astrid Overbeck