“Während der Elternzeit macht es Sinn, den Kontakt zu den Kollegen, dem Chef und der Personalabteilung zu halten.”
Kind und Karriere zu vereinen, stellt viele (werdende) Eltern vor Herausforderungen. Unweigerlich kommen Fragen auf, wie: Wann sage ich es meinem Chef – und wie? Was kann ich als Alleinerziehende(r) unternehmen, um einen neuen Job zu finden?
Sascha Schmidt arbeitet als ganzheitlicher Karriere-Coach. XING Coaches sprach mit dem Münchener Karriereberater und holte sich Anregungen und Tipps rund um Vereinbarkeit von Karriere und Familie.
XING Coaches: Wann ist es nach der Elternzeit ratsam, wieder arbeiten zu gehen?
Sascha Schmidt: Kleinkinder brauchen feste Bezugspersonen, zu denen sie eine liebevolle und sichere Beziehung aufbauen können. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die besten Bezugspersonen die Mutter oder der Vater sind – sprich: die leiblichen Eltern. Wenn das nicht möglich ist, sollte es eine andere konstante Person geben, wie zum Beispiel eine feste Tagesmutter. Dann ist es möglich, sehr früh wieder mit der Arbeit anzufangen. Wenn ich mein Kind aber in eine Krippe mit wechselndem Personal gebe, würde ich eher empfehlen, mit dem Wiedereinstieg zu warten. Der Zeitpunkt sollte zum Wohle des Kindes von der Qualität der externen Betreuung abhängig gemacht werden. Das ist wiederum hoch individuell und können nur die Eltern entscheiden. Mein Tipp: Hören Sie auf Ihre Intuition als Mutter und Vater.
XING Coaches: Wie können Unternehmen ihre Mitarbeiter beim Wiedereinstieg unterstützen?
Sascha Schmidt: Der Wiedereinstieg wird mit flexiblen Arbeitszeitmodellen erleichtert, wie Teilzeit- oder Homeoffice-Optionen. In manchen Unternehmen gibt es Kindergarten- oder Krippenplätze. Viele Arbeitgeber glauben, sie müssten eine Krippe oder einen Kindergarten eröffnen. Dabei können Arbeitgeber Familien unterstützen, indem sie einfach die externen Betreuungskosten übernehmen. Diese Maßnahmen sind im Rahmen einer familienfreundlichen Personalpolitik machbar. Viel schwieriger wird es beim „Mindset“, denn dabei geht es um Führungskultur. Viele Unternehmen behaupten, familienfreundlich zu sein, aber die Abteilungsleiter interessiert das nicht. Viele Mitarbeiter entscheiden sich daher, länger wegzubleiben, bevor sie nur halbherzig arbeiten können oder mit Aufgaben versehen werden, die einfach nicht ihrer Qualität entsprechen.
XING Coaches: Wie trete ich mit der Schwangerschafts-Thematik an meinen Vorgesetzten heran?
Sascha Schmidt: Ganz wichtig: Kinder sind nicht planbar. Es ist auch nicht planbar, wie ein Kind die Persönlichkeit einer Frau beeinflusst. Ich habe Mütter bei mir im Gespräch gehabt, die sagten, ich war ganz „karrieregeil“ und jetzt bin ich Mutter geworden – und habe andere Prioritäten. Die Geburt eines Kindes ist ein großes Glück und wirft uns gleichzeitig in eine Phase der Unplanbarkeit. Wenn ich ein gutes Verhältnis zu meinem Chef habe, werde ich ihr oder ihm im Vorfeld mitteilen, was ich vorhabe. Sie können sich Gedanken machen, wer die Aufgaben von Ihnen übernehmen kann. So können Sie Ihren Chef einigermaßen gut vorbereitet entgegentreten und sagen: ‚Ich falle aus – und so können wir damit umgehen.’
XING Coaches: … und wenn ich nun kein gutes Verhältnis zu meinem Chef habe?
Sascha Schmidt: In der Mehrzahl der Unternehmen ist dieses Vertrauensverhältnis nicht vorhanden. Oft erlebe ich es, dass Frauen gar nichts sagen oder erst dann, wenn der Bauch nicht mehr versteckt werden kann. Für den Chef ist so eine Information eine Art „Mini-Schock“. Denn plötzlich fällt eine Mitarbeiterin aus, auf die er vielleicht groß gesetzt hat. Einige freuen sich für die Mitarbeiterin, aber es kommt sofort die Frage auf: Was bedeutet das für mich? Wer macht die Arbeit? Wann kommt sie wieder? Je mehr Sie im Vorfeld schon Antworten oder Ängste nehmen, desto besser ist dieser Wiedereinstieg im Vorfeld besprechbar. Während der Elternzeit macht es Sinn, den Kontakt zu den Kollegen, dem Chef und der Personalabteilung zu halten.
XING Coaches: Dabei ist es sicherlich wichtig, meine Pläne mitzuteilen, oder?
Sascha Schmidt: Genau. Wenn sich die Pläne beispielsweise ändern, ist der direkte Dialog wichtig. Außerdem zeigen Sie so Ihr Interesse, dass Sie in diesen Job zurückkommen möchten. Das ist ganz wichtig, denn es gilt leider der Spruch: Aus den Augen, aus dem Sinn. Wenn ich zwei Jahre weg bin und kein Interesse zeige, ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein Vorgesetzter sich mit Freuden an mich erinnert. Vielleicht hat er in der Zwischenzeit eine Ersatzkraft und mit dieser funktioniert es sehr gut. Also: Kontakthalten ist ganz wichtig!
XING Coaches: Ich habe meinen Beruf also wieder aufgenommen. Gibt es praktische Tipps, die den Arbeitsalltag erleichtern?
Sascha Schmidt: Wenn Eltern heute wieder arbeiten gehen, bedeutet das eine Art von Prioritätenmanagement, häufig sagt man Zeitmanagement – aber letztendlich geht es um Prioritäten. Berufstätige Eltern sind oft effizient in ihrer Arbeit. Der Job muss in den Betreuungszeiten für das Kind erledigt werden. Langer Small Talk auf dem Büroflur fällt aus; ermüdende Meetings ohne Ergebnisse fangen an zu nerven.
Meine konkreten Tipps:
- Setzen Sie in der Arbeit Prioritäten!
- Suchen Sie nach einer qualitativ hochwertigen Betreuung für Ihr Kind. Achten Sie dabei auf konstante und liebevolle Bezugspersonen für Ihr Kind.
- Schauen Sie, wer Sie im Haushalt entlasten kann.
- Sehr wichtig: Investieren Sie weiterhin bewusst Zeit in Ihre Partnerschaft als Frau und Mann. Oftmals reicht es schon, wenn Sie einmal im Monat einen schönen Abend gemeinsam verbringt – ohne Kind und ohne Arbeit.
XING Coaches: Und wenn ich nun aus der Elternpause herauskomme und vorher keine Anstellung hatte – wie finde ich dann die passende Stelle?
Sascha Schmidt: Alleinerziehende Mütter haben leider „die schlechtesten Karten“ auf der Hand. Ich will aber nicht jegliche Hoffnung nehmen: Es gibt Arbeitgeber, die damit umgehen können. Das sind eher kleinere und mittelständische Unternehmen. Da helfen Netzwerke wie XING. Dort können Sie schauen:
- Wen kenne ich in meinem Bekanntenkreis?
- Gibt es die Möglichkeit des Quereinstiegs? Gerade bei kleineren Agenturen, oder bei Arbeitgebern, die nachweislich familienfreundlich, ist das eine Option.
XING Coaches: Gibt es spezielle Netzwerke, die mich unterstützen?
Sascha Schmidt: Es gibt natürlich XING-Gruppen, wie die Teilzeitgruppe für berufstätige Mütter und Väter. Generell gibt es auf XING spezielle Interessen-Gruppen, in denen teilweise innerhalb dieser Gruppen Teilzeit-Jobs ausgeschrieben werden. XING bietet hier sehr gute Möglichkeiten. Vielen ist das nicht bewusst. In meinen Karriereberatungen überprüfen wir daher auch immer die XING-Profile – mit manchmal sehr schnellem Erfolg.