Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass der Anteil älterer Mitarbeiter in ihrer Belegschaft steigt. Wie können wir die Arbeitsfähigkeit und -motivation dieser Mitarbeiter bewahren? Welche Perspektiven können und wollen wir ihnen bieten? Sabine Prohaska beleuchtet, was der demografische Wandel für die Personalpolitik und -arbeit bedeutet.
Integratives Generationenmanagement beruht auf fünf Handlungsfeldern:
– die Arbeitsgestaltung,
– die Laufbahngestaltung,
– die betriebliche Gesundheitsförderung,
– die Weiterbildung,
– das Entlohnungs- sowie Gratifikations- und Anreizsystem.
Erfolgsfaktor: Weiterbildungsbereitschaft
Gerade die Weiterbildungsbereitschaft ist von besonderer Bedeutung für das Aufrechterhalten der Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeiter. Hierfür gilt es neben den Mitarbeitern auch die Unternehmen zu sensibilisieren; ebenso dafür, die Weiterbildung langfristig zu planen – und zwar so, dass die Mitarbeiter auch im Alter 50+ und 60+ noch die benötigten Qualifikationen haben. Dies ist wichtig, weil sich die beruflichen Anforderungen im Zuge der wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen immer schneller ändern. Deshalb kommt es im Verlauf des Berufslebens auch häufiger dazu, dass Qualifikationen entweder nicht mehr benötigt werden oder verkümmern, weil sie nicht mehr aktiv genutzt und weiterentwickelt werden. „Schleichende Dequalifizierung“ ist daher ein Begriff, den man oft mit älteren Mitarbeitern in Verbindung bringt. Eine kontinuierliche bedarfsorientierte Qualifizierung im Sinne eines lebenslangen Lernens hilft, die Lernfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter zu bewahren, so dass ihre Qualifikation auch im Alter 50+ oder 60+ noch den Anforderungen entspricht.
Ein proaktives Personalmanagement betreiben
Generell gilt: Auch ältere Mitarbeiter sind lernfähig und -bereit. Sie lernen jedoch anders als ihre jüngeren Kollegen – unter anderem, weil sich die Lernpräferenzen im Laufe des Lebens immer stärker ausdifferenzieren. Ältere Lerner müssen zudem häufig anders motiviert und für Weiterbildung gewonnen werden – unter anderem, weil ihnen die Sinnhaftigkeit und Bedeutung des zu Lernenden sehr wichtig ist. Deshalb sollten die persönlich relevanten Weiterbildungsinhalte mit den Mitarbeitern ermittelt werden: „Was bringt Sie weiter?“, „Was interessiert Sie?“, „Was wollen, brauchen Sie?“. Wichtig für das Bewahren der Lernfähigkeit und Motivation älterer Mitarbeiter ist ein dynamisches, proaktives Personalmanagement. Dynamisch heißt in diesem Kontext, anzuerkennen, dass die Passung „Person – Aufgabe/Funktion“ nicht statisch ist, sondern sich verändert: Persönliche Kompetenzen verändern sich, ebenso die Tätigkeiten.
Zentrale Elemente eines dynamischen, proaktiven Personalmanagement sind ein gezieltes Überlegen, in welchen Positionen und Funktionen ältere Mitarbeiter am besten eingesetzt werden können, eine Weiterbildung mit Fingerspitzengefühl – keinesfalls mit der Begründung “Alter”, eine Entwicklung individueller Karrierepfade mit den 50+-Mitarbeitern, Schulung der Führungskräfte zum Thema Altern.
Die veränderte Motivation berücksichtigen
Die deutsche Altersforscherin Ursula M. Staudinger, Gründungsdirektorin des Columbia Aging Centers an der Columbia University, New York. wies 1996 bereits nach: Bis Anfang 50 sind „Familie“ und „Karriere“ für das Gros der Beschäftigen etwa gleichrangige Lebensziele. Im Laufe der Jahre verliert das Ziel „Karriere“ jedoch an Bedeutung, so dass Mitte 50 sich das Thema Karriere nicht mehr unter den Top 4 der Lebensziele befindet – im Gegensatz zum Thema Freunde und Familie. Damit kann ein Sinken der Leistungsbereitschaft einhergehen.
Der britische Arbeitspsychologe Peter Warr nennt folgende Gründe für eine möglicherweise sinkende Arbeitsmotivation:
– Mit dem Alter steigt das Anspruchsniveau, was zur sogenannten „hedonistischen Tretmühle“ führt.
– Die Routinisierung steigt und damit sinkt die Bereitschaft zur Veränderung.
– Jüngere Kollegen rücken nach, der soziale Druck steigt.
– Die Selbstwirksamkeit verringert sich.
Schon lange widerlegt ist jedoch die sogenannte Defizithypothese, die von einem automatischen altersbedingten Leistungsabbau ausgeht. Zwei Problembereiche sollten den Personalverantwortlichen jedoch bewusst sein, um nicht naiv an die Auswirkungen der Entwicklung der Altersstruktur in ihren Unternehmen heranzugehen:
1. Sukzessiver altersbezogener Leistungswandel. Bestimmte Leistungskomponenten in der Qualifikation und in der Motivation nehmen zu, andere nehmen ab oder bleiben gleich.
2. Steigende Zahl möglicher Leistungseinschränkungen. Diese Einschränkungen müssen nicht per se alterskonnotiert sein. Häufig liegen ihre Ursachen auch in der spezifischen Berufstätigkeit und den arbeitsplatztypischen Karriereverläufen sowie den damit verbundenen Arbeitsanforderungen und -belastungen.
Veraltete Altersbilder über Bord werfen
In den meisten Unternehmen besteht ein Nachholbedarf beim Wissen über die tatsächlichen Veränderungen beim biologischen Altern. Damit einher gehen oft veraltete negative Altersbilder. Entsprechend wichtig ist eine Einstellungsänderung hinsichtlich des Themenkomplexes „Alter und Beschäftigungsfähigkeit“ – insbesondere in Personalabteilungen und Chefetagen.
Eine Einstellungsänderung zum Altern ist aber auch bei den Betroffenen nötig. Denn Studien belegen: Beschäftigte, die den Prozess des Altern nicht negativ begreifen, haben eine höhere Arbeitsmotivation. Sie sind zudem eher bestrebt, langfristig im Erwerbsleben zu bleiben. Und dies ist – betrachtet man den demografischen Wandel in den meisten EU-Staaten und die derzeitige Erwerbssituation der älteren Beschäftigten – nicht nur volkswirtschaftlich notwendig.