«Sie bekommen nicht das was Sie verdienen, sondern das, was Sie verhandeln!» – Verhandlungen gehören zum Alltag eines Verkäufer, wie das Einstecken von Schlägen im Kampf eines Profiboxers. Verhandlungen müssen, im Gegenzug zu den eingestecken Schlägen des Boxers, aber nicht zwangsläufig weh tun.
Wenn Sie zukünftig in Verhandlungen besser abschneiden wollen, sollten Sie genau wissen, warum eine Pistole nicht unbedingt machtvoll sein muss, wieso Sie zukünftig immer mit Ihrer «BATNA» an Ihrer Seite auftauchen sollten und weshalb Kompromisse in der Regel immer faul, und nur etwas für Verlierer sind!
Eine Pistole als Erlösung – «Möge die Macht mir dir sein!»
Wer die Macht hat, hat die Kontrolle. Dies gilt nicht nur bei «Star Wars», sondern auch in allen Arten von Verhandlungen. Doch was genau ist den Macht? Und wie genau entsteht Macht? Die Klärung dieser Fragen liegt in folgender, wahren Geschichte:
07:00, Washington DC, USA: Ein ruhiger, sonniger Sommermorgen im Stadtpark. Die Vögel zwitschern, Menschen rennen, gehen und flanieren bereits zahlreich auf den gut ausgebauten Gehwegen. Mittendrin ein US-Senator älteren Semesters der seine übliche Morgenrunde dreht, als auf der Zielgeraden plötzlich ein Schatten vor seinen Augen auftaucht. Der ältere Herr stoppt abrupt seinen Lauf und hört, immer noch völlig irritiert, folgende Ansage mit bedrohlicher Stimme: «Brieftasche, Uhr und alles was du sonst noch besitzt, oder es knallt!». So langsam realisiert er, dass es sich hier wohl um einen Überfall handelt, da er nun, neben der dunklen Gestalt, auch die Pistole aufblitzen sieht. Der Senator bleibt cool, mustert den Mann und gibt folgende Antwort:
«Tut mir leid mein Herr, aber diesen Gefallen kann ich Ihnen nicht tun. Aber Sie können mir gerne helfen: Ich habe Krebs im Endsdtadium und laut Ärzten noch ca. einen Monat zu leben. Ich war bisher nur zu feige es selber zu beenden. Aber wenn Sie abdrücken, kriegen meine Frau und meine Kinder zusätzlich noch die Lebensversicherung ausbezahlt. Also los, ich bitte Sie, tun Sie es!»
Das Gesicht des Räubers glich in diesem Moment wohl ungefähr dem eines vermeintlichen Lottogewinners, der nach der Ziehung feststellt, dass er den Schein vergessen hatte einzulösen. Jedenfalls steckte er seine Pistole ein und zog blitzschnell und unverrichteter Dinge von dannen.
Diese sehr drastische Begebenheit zeigt eindrücklich, dass Macht immer auf einer subjektiven Wahrnehmung gründet. Selbst unter der Androhung härtester Gewalt hat Ihr Gegenüber theoretisch nur soviel Macht, wie Sie ihm zugestehen. Macht, auch die des Gegenübers, geht also immer von Ihnen selbst aus.
Die Partnerin als Trumpf – Warum «BATNA» immer an Ihre Seite gehört!
Wer bei Regen ohne Schirm das Haus verlässt wird nass – Wer bei Verhandlungen ohne «BATNA» auftaucht wird abgezogen! Die Kurzform «BATNA» steht für Best Alternative To Negotiated Agreement oder deutsch: Beste Alternativoption!
«All-In» oder Alles auf eine Karte zu setzen, mag villeicht beim Pokern unter Freunden oder in einem Hollywood-Blockbuster für Unterhaltung und Nervenkitzel sorgen, bedeutet aber in Verhandlungen meistens, den Kürzeren zu ziehen. Nichts wirkt für Ihr Gegenüber einladender, seine Positionen durchzudrücken, als dokumentierte Abhängigkeit. «Wer nicht willig ist, von einem schlechten Geschäft wegzugehen, wird mit einem schlechten Geschäft weggehen!», besagt ein amerikanisches Sprichwort.
Suchen Sie sich deshalb vor jeder wichtigen Verhandlung eine BATNA, einen Plan-B. Machen Sie einen Abgleich zwischen Ihrer BATNA und Ihrem absoluten Limit, bei dem Sie bereit sind die Verhandlungen ergebnislos abzubrechen. Damit stellen Sie sicher, dass Sie nie unter dem Wert Ihrer besten Alternative bleiben.
Aber was tun, wenn Sie keine BATNA in der Hinterhand halten, oder diese massiv unter Ihren Standards angesiedelt ist? Bewährt hat sich, auch wenn für manche schwer umszusetzen, eine geläufige Strategie: «Fake it, till you make it» – also das Vorspielen, als hätten Sie einen Plan-B. Eine, zugegeben, riskante Strategie, die einiges an Verhandlungsgeschick und schauspielerischen Fähigkeiten erfordert. Also eher eine Technik für fortgeschrittene Verhandler. In den meisten Fällen aber immer noch besser als sich komplett der Gunst des Gegenübers auszuliefern!
Der faule Kompromiss – Warum eine halbe Orange nicht glücklich macht!
Es war einmal vor langer Zeit… Zwei Schwestern, die sich herzhaft um eine Orange stritten. Beide wollten jeweils die ganze Orangen für sich beanspruchen und zankten sich stundenlang um die beliebte Apfelsine. Kurz bevor der Streit in einer Gewaltorgie eskalierte, schritt die Mutter dazwischen und wollte die Orange in zwei gleich grosse Hälften teilen. Da schrie die eine Schwester: «Halt! Ich kann doch meinem Liebsten nicht nur ein halbes Glas Orangensaft anbieten!», die andere ebenfalls völlig hysterisch. «Und was soll ich denn mit einem halben Kuchen für Grossmutter, ich brauche den Geschmack der ganzen Schale!». Die beiden schauen sich darauf ganz entgeistert an und fangen gleichzeitig und herzhaft an zu lachen.
Ein guter Verhandler ist knallhart in seinen Interessen und butterweich in seinen Positionen. Diese Verhandlungsmethode, auch bekannt als das Harvard-Prinzip, geht über den klassischen Kompromiss hinaus. Denn dieser endet leider meistens, wie die Geschichte oben, in einer Loose-Loose Situation. Jeder gibt einen Teil seiner Interessen auf und verlässt halb zufrieden den Verhandlungstisch, überzeugt davon, es dem Gegenüber das nächste Mal Heimzuzahlen.
Eine gute Verhandlung besteht, wie ein gutes Verkaufsgespräch, immer aus einer gründlichen Bedarfsanalyse und echtem Interesse am Gegenüber. Nur so sind Sie in der Lage ausserhalb der vermeintlich festen Positionen zu verhandeln und eine Ebene tiefer, auf die echten Interessen des Verhandlungspartners zu stossen.
Sollten Ihnen bei einer nächsten Verhandlung wieder Mal nur Bananen angeboten werden, ergreifen Sie Ihre Macht, packen Sie «BATNA» ein und überlassen Sie Ihrem Gegenüber die halbe Orange!