Jeder Fünfte gilt als hochsensibel. Betroffene nehmen Reize intensiver wahr als andere. Das bringt viele Vorteile und Talente mit sich, Hochsensibilität kann im Alltag aber auch zur Belastung werden. Unsere Autorin weiß: Hochsensibel sein ist toll und anstrengend und völlig in Ordnung! Hier die wichtigsten Fakten und Hilfestellungen im Überblick.
Hochsensibilität ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das laut aktueller Schätzung auf bis zu 20 Prozent der Bevölkerung zutrifft. Hochsensible Menschen verarbeiten Sinneseindrücke intensiver als ihre Mitmenschen, nehmen Empfindungen tiefer und vielschichtiger wahr. Das können Gerüche oder Geräusche sein, aber auch Stimmungen der Mitmenschen.
Stärken und Talente von Hochsensiblen
Hochsensible…
… haben ein sehr gutes Gespür für die Befindlichkeiten, Stimmungen und Emotionen anderer Menschen, erkennen die Bedürfnisse anderer häufig, noch bevor diese sie selbst bemerkt haben.
… sind geborene Lerner. Sie sind neugierig, vielseitig interessiert, haben eine hohe Begeisterungsfähigkeit und vielseitige Interessen und verfügen über ein ausgezeichnetes Langzeitgedächtnis.
… sind geschätzte Freunde und Kollegen. Sie sind kreativ, denken in größeren Zusammenhängen, haben ein hohes Verantwortungsbewusstsein, ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und helfen gern.
… sind hervorragende Beobachter, haben eine detailreiche Wahrnehmung, können schnell zwischen den Zeilen lesen und sind lebendige Lügendetektoren. Sie merken schnell, wenn das Gegenüber nicht authentisch ist, da sie Diskrepanzen zwischen Aussagen und Körpersprache sehr feinfühlig wahrnehmen. Aber auch für andere Gefahren haben Hochsensible einen sechsten Sinn.
… sind vielschichtige, komplexe und meist stabile Persönlichkeiten, selbstreflektiert und mit einem hohen Entwicklungspotenzial. Sie profitieren besonders stark von Entwicklungsangeboten, wie Ratgebern, Seminaren und Coachings.
… erfreuen sich besonders stark an Büchern, Kunst und Musik.
Herausforderungen und Erschwernisse für hochsensible Menschen
Wenn etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung hochsensibel ist, dann sind es 80 Prozent nicht. Das bedeutet, dass die Welt eher nach den Gesetzen und Regeln der Normalsensiblen verläuft. Es sind vor allem zwei Dinge, unter denen viele Hochsensible leiden, die weitere Schwierigkeiten mit sich bringen können.
1. Reizüberflutung: Es ist klar, dass man schneller ermüdet, wenn man alles intensiver wahrnimmt und verarbeitet und wenn man mit jedem mitleidet. Das kann zu Symptome führen, wie:
– Gefühl des Dauerstresses
– Erhöhte Schmerzempfindlichkeit
– Angegriffenes Immunsystem
– Symptome und Erkrankungen, die mit Dauerstress im Zusammenhang stehen (Muskelverspannungen, Migräne, Atemwegserkrankungen, Rückenschmerzen, Burnout, Depressionen, Angststörungen…)
2. Sich anders fühlen: Da die meisten Menschen die Welt weniger intensiv erleben und weniger mitbekommen, fühlen sich Hochsensible manchmal wie von einem anderen Stern. Das ist nicht jedermanns Sache. Wir wollen ja meistens nicht auffallen, nicht anders sein. Um nicht als „Sensibelchen“ abgestempelt zu werden, passen sich viele in ihrem schulischen oder beruflichen Alltag an, verstellen sich zum Teil, versuchen meist unbewusst ihr Inneres zu verstecken, um dazuzugehören. Sie können ja hervorragend beobachten und auch mitbekommen, welches Verhalten zu welcher Reaktion führt. Deswegen wird man Hochsensible bei der Arbeit meist gar nicht einfach so erkennen. Doch sich ständig zu verstellen ist anstrengend, stressig und macht auf die Dauer unglücklich.
Weitere typische Besonderheiten von Hochsensiblen sind:
– Stärker beeinflussbar durch Stimmungen anderer Menschen
– Langer emotionaler „Nachklang“ des Erlebten
– Hoher Anspruch an sich selbst
– Häufige Angst vor Zurückweisung
– Oftmals hohe Ansprüche an Freundschaften, Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Authentizität
– Überreaktionen auf Therapien und Medikamente
Wie Hochsensible mit der Situation am besten umgehen
Wenn Reizüberflutung und das Anderssein zur Belastung werden, bietet es sich an, genau dort anzufangen. Aus meiner Coaching-Erfahrung gibt es ein paar wichtige Schritte zu einem erfüllten hochsensiblen Leben:
1. Werden Sie sich und der Besonderheit der Hochsensibilität bewusst. Das hilft dabei, sich selbst besser zu verstehen, zu akzeptieren, dass die anderen Menschen anders fühlen oder sich anders verhalten. So werden Sie seltener enttäuscht, wie Sie Ihre Erwartungen anpassen. Sie vermuten, hochsensibel zu sein? Hier können Sie es testen.
2. Lernen Sie Ihre eigenen individuellen Talente und Stärken kennen. Das hilft dabei, sich in sich stark zu fühlen, sich nicht mehr verstellen zu müssen und Ihren eigenen Weg zu finden.
3. Finden Sie einen Beruf, der zu Ihnen in der aktuellen Situation passt, in dem Sie so sein können, wie Sie sind und der Sie stärkt, Erfüllung und Freude bringt.
4. Räumen Sie sich bewusst Pausen ein, lernen Sie das Bedürfnis nach Ruhe zu spüren und diesem nachzukommen. Das stärkt Ihre Gesundheit und Sie können Ihre Talente besser entfalten.
Inwieweit kann Coaching helfen?
Ein Coach, der selbst die Sensibilität und das Wissen besitzt, Hochsensible zu erkennen, kann ein wunderbarer Begleiter und Verstärker auf dem Weg der Selbsterkenntnis und Selbsterfüllung sein. Der Coach kann durch Empathie und passende Methoden unterstützen:
– Stärkenanalyse: Eigene Talente zu finden und zu verstärken.
– Die typischen Selbstzweifel mit Realismus und Einfühlungsvermögen zu begegnen.
– Neue Ideen zu kreieren.
– Entspannungswege, die zu einem selbst passen, zu finden und zu entwickeln.
Wie finde ich den richtigen Coach?
Es gibt so viele, zum Teil auch selbsternannte, Coaches und Berater auf dem Markt. Da ist es schwer den Überblick zu finden. Folgende Punkte können bei der Auswahl helfen:
– Wie wünsche ich mir meinen Coach / Berater? Was sollte er können? (z.B.: psychologische Kenntnisse, Businesserfahrung…
– Lebenslauf des Coaches studieren: Was hat er wie lang gelernt, dass es ihm erlaubt, eine wirkliche Stütze für mich zu sein? Passt das zu dem, was ich suche?
– Am wichtigsten: Ein erstes Telefonat und/oder ein erstes Treffen, das man als gegenseitiges Beschnuppern betrachtet. Verlassen Sie sich auf Ihr Gefühl. Kommen Sie gut mit diesem Menschen aus? Fühlen Sie sich richtig aufgehoben? Wenn nicht, dann zeigen Sie keine Scheu und ziehen weiter. Ihre persönliche Entwicklung ist zu wichtig, um sie mit unpassenden Coaches zu teilen!