Frauen sind aufgrund ihrer unterbewusst verankerten Grundüberzeugungen im Berufsleben oftmals im Nachteil. Welche fünf Mechanismen sie erkennen und überwinden sollten.
Nicht nur Persönlichkeit und Fähigkeiten sind für den Karriereverlauf entscheidend. Unser Verhalten wird auf einer unbewussten Ebene durch persönliche Grundüberzeugungen und Glaubenssätze gesteuert. Diese bilden sich durch Grunderfahrungen in unserer Kindheit aus und sind als Denk- und Verhaltensmuster fest verankert.
Gerade der Umstand, dass diese Mechanismen auf einer unbewussten Ebene ablaufen, hat erhebliche Auswirkungen auf das, was wir uns zutrauen bzw. zumuten. Im Grundsatz sind sie nicht geschlechtsspezifisch, haben aber nach meiner Erfahrung für Frauen in Leitungspositionen eine größere Relevanz als für Männer. Diese fünf Grundsätze fungieren als Antreiber und wirken oftmals kontraproduktiv:
1. „Sei perfekt“
Diesen Antreiber findet man überproportional häufig bei jungen Frauen in ersten Führungspositionen. Sie haben sich durch ein überdurchschnittlich großes Maß an Fleiß und Ehrgeiz bis hierher vorgekämpft und setzen daher ganz selbstverständlich auch für die Zukunft auf diesen scheinbaren Erfolgsmechanismus. In Führungspositionen, in denen es darum geht, Entscheidungen zeitnahe und unter Unsicherheit zu treffen, Arbeiten an Mitarbeiter zu delegieren und andere zu überzeugen, ist dies aber nicht mehr handlungsadäquat. Der Anspruch, alles perfekt zu erledigen, lässt sich nicht mehr aufrechterhalten, es sei denn um den Preis erheblicher Überstunden und im schlimmsten Fall eines Burn-Outs. Durch die mangelnde Delegationsbereitschaft sind Probleme in der Führung der eigenen Mitarbeiter vorprogrammiert. Ebenso vorprogrammiert sind Probleme mit den eigenen Vorgesetzten, die den überdimensionierten Arbeitsaufwand meistens gar nicht honoriert, sondern eine stärkere Fokussierung und schnellere Bearbeitung der Themen anmahnen.
2. „Streng Dich an“
Menschen, die in ihrer Kindheit erfahren haben, dass sie nur für Leistungen Liebe und Zuneigung erfahren, setzen diese Gleichung auch in ihrem späteren Berufsleben fort und programmieren sich damit unbewusst auf Erfolg. Sie sind zu überdurchschnittlichen Leistungsbeiträgen bereit und nehmen häufig eine Führungsposition ein. Im ungünstigen Fall sind in dieser Haltung aber auch bereits die Voraussetzungen für einen Burn-Out angelegt. Gerade Frauen mit diesem Glaubenssatz, die zum ersten Mal in Führungspositionen gelangen, neigen dazu, den Bogen zu überspannen. Sie achten nicht auf die schwachen Signale einer sich ankündigenden mentalen Erschöpfung bzw. einer Überforderung ihrer Mannschaft.
3. „Sei stark“
Dieser Glaubenssatz geht in eine ähnliche Richtung. Hier findet man häufig Menschen, die bereits früh in ihrer Kindheit Verantwortung für andere, zum Beispiel für jüngere Geschwister, übernehmen mussten. Sie übernehmen auch in ihrem späteren Berufsleben häufig Leitungspositionen mit ambitionierten Herausforderungen. Nicht selten geht damit aber eine zu große Betonung der Sachebene bzw. eine zu geringe emotionale Schwingungsfähigkeit einher. Jemand hat gelernt, den eigenen Emotionen wenig Raum zu geben und schneidet sich damit von seinen eigenen intuitiven Fähigkeiten weitgehend ab. Typisch für diese Konstellation sind zum Beispiel geschäftsführende Inhaberinnen von Familienunternehmen, die – geplant oder ungeplant – die Leitung des Familienbetriebs übernehmen.
4. „Sei liebenswürdig“
Hier wurde die Gleichung „Anerkennung gegen Wohlverhalten“ verinnerlicht. Im späteren Berufsleben fällt es diesen Menschen schwer, nein zu sagen. Sie übernehmen bereitwillig zusätzliche Aufgaben, sei es von ihrem Chef, von Kollegen oder den eigenen Mitarbeitern im Wege der Rückdelegation, ohne Rücksicht auf die bereits vorhandene Arbeitsbelastung. Im Gegensatz zu den drei erstgenannten Glaubenssätzen, ist dies tendenziell eher ein Thema für berufstätige Frauen, die im Rahmen ihrer eigenen Sozialisation als Mädchen vor allem auf Wohlverhalten gepolt wurden. Dann fällt es in späteren Führungsaufgaben besonders schwer, unliebsame Positionen durchzufechten oder sich in Konfliktauseinandersetzungen zu begeben.
5. „Sei schnell, beeil Dich“
Jemand blüht erst zu Höchstleistungen auf, wenn richtig viel zu tun ist und sich die Deadlines drängen. Häufig findet man diese Haltung in Kombination mit „Streng Dich an“ bzw. „Sei stark“. Verantwortungsträger mit diesem Handlungsmuster setzen besonders hohe Anforderungen an sich selbst und an ihr Umfeld. Auch hier ist die Gefahr einer latenten Überforderung seiner selbst bzw. seiner Mitarbeiter groß.
Negatives in positive Grundüberzeugungen überführen
All diese aufgezeigten Glaubenssätze entfalten aufgrund ihres unbewussten Wirkmechanismus eine enorme Kraft und nehmen somit entscheidenden Einfluss auf individuelle Karriereverläufe. Im Rahmen eines Coachings können persönliche Glaubenssätze erkannt und bearbeitet werden. Auf diese Weise können blockierende oder antreibende Mechanismen entschärft und in zielfördernde Grundüberzeugungen überführt werden, beispielsweise „Ich darf auch Nein sagen“ oder „Ich darf auch Schwächen zeigen“.
Autorin: Marion Goess
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