Nein, hier sind keine Unternehmens-Ressourcen gemeint. Oder doch! Nicht die im herkömmlichen Sinne. Mir geht es um die menschlichen, die persönlichen Ressourcen der Mitarbeiter. Einerseits. Und gleichzeitig um die ebenso wichtigen Ressourcen, die jede Führungskraft besitzt.
Wer heute den Begriff „Ressourcen“ liest, denkt wahrscheinlich zunächst an die natürlichen Ressourcen unseres Planeten. Oder an die materiell-finanziellen Ressourcen, welche ein Unternehmen benötigt, um effizient zu arbeiten und im Markt zu bestehen. Selten wird dabei an unsere inneren Ressourcen gedacht, an all das, was wir als Menschen, als Mitarbeiter und Führungskräfte an Stärken, Kompetenzen und Fähigkeiten mitbringen. Eine im Berufsalltag sehr griffige Definition beschreibt persönliche Ressourcen als ein Denken und Handeln, welches den jeweiligen Personen zu einem guten Gefühl verhilft. Im Gegensatz zum mit negativ besetzten Gefühlen verbundenes Denken, das die Menschen runterzieht, kraftlos und so eher widerstrebende Gefühle auslöst. Es macht also einen eklatanten Unterschied, welche Gedanken eine Führungskraft und die Mitarbeiter umtreiben. Zumal das, was wir denken, direkte Auswirkungen auf die Qualität unserer Handlungen bzw. Reaktionen hat. Dauerhaft negatives Denken kann auch zu Gesundheitsstörungen wie Depressionen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
Selbstreflektion als wichtige Führungskompetenz
Welche Bedeutung haben nun diese in vielen Studien bestätigten Erkenntnisse für die Führungskräfte? Und wie findet eine Führungskraft die eigenen Ressourcen? Zunächst einmal geht es als Manager darum, sich selbst regelmäßig zu reflektieren:
– Zunächst: Was kann ich bereits gut, was ist meine Lieblingsfähigkeit? Wofür entwickle ich Leidenschaft? Was mögen andere an mir? Hier gilt es, Bilanz zu ziehen. Auch im privaten Bereich. Diese wichtigen Ressourcen gilt es, zu optimieren, noch intensiver in den Arbeitsalltag einzubauen.
– Wie weit sind die Grundbedürfnisse nach Anerkennung einerseits und Autonomie andererseits erfüllt? Das Ausmaß dieser Erfüllung bestimmt den Selbstwert. All das, was sie selbst dazu beitragen können, steigert ihre Ressourcen. Das sind z. B. Gefühle wie Stolz auf eigenständiges Handeln, Freude über das Erreichte und die Anerkennung durch andere. Dies wird im emotionalen Erfahrungsgedächtnis gespeichert und ist als persönliche Ressource jederzeit wieder mental abrufbar.
– Wie gehe ich mit mir um? Stelle ich am Ende eines Tages das heraus, was mir misslungen ist? Oder steht das Gelungene im Vordergrund? Rede ich im ersten Fall schlecht mit mir selbst („ Ich Schussel/blöde Kuh…“ etc.)? Und wie geht es mir dann? Oder betrachte ich im anderen Fall mich als ein Mensch, der sein Bestes gibt und auch mal Fehler machen darf? Hier bedarf es einer höheren Konzentration auf die Erfolge. Mit dieser so erzeugten Ressource können schneller und konsequenter Lösungen für die nächsten Herausforderungen angegangen werden. Oder hat Ihnen allein der Ärger über eigene Fehler oder derjenigen Ihrer Mitarbeiter schon mal wirklich geholfen?
– Welche inneren Antreiber (Sei perfekt, Sei stark, Streng dich an, Mach es allen recht, Beeil dich) fördern meine Arbeitsqualität und den Kontakt zu den Mitarbeitern? Welche behindern mich? Wenn’s eng wird: Sollten die ansonsten nützlichen Antreiber eher hinderlich sein und Stress mit sich und anderen hervorrufen gilt es, ihnen Erlauber-Gedanken entgegenzusetzen: Welche Vorteile hat denn eine Abweichung von dem Antreiber für die aktuelle Situation? In welchen Momenten habe ich mir diese Abweichung schon einmal mit gutem Gefühl erlaubt? Mit diesen Gedanken und den ihnen folgenden guten Empfindungen werden wieder neue Ressourcen produziert.
– Was sind meine Ressourcen-Tankstellen? Wo, auf welche Art und Weise, mit wem tanke ich Kraft und hole ich mir gute Gefühle her? Ob Sport, die Kinder, gute Freunde, schöne Landschaften, ein idyllischer Platz oder ein leckeres Essen… all das sind leicht zu erreichende Ressourcen für Zwischendurch. Und das Gute daran: dem Gehirn reichen schon Gedanken dazu. Innere Bilder erzeugen fast die gleichen guten Gefühle. Das kennen wir alle, wenn wir an schöne Momente aus dem letzten Urlaub denken oder einen netten Brief, oder eine freundliche Mail eines geliebten Menschen. Und die Erfahrung, dass dies auch umgekehrt klappt, kennt wohl auch jeder: Wenn wir an ein schlimmes Ereignis denken, z. B. an eine misslungene Präsentation, reichen diese Gedankenbilder aus, in uns schlechte Gefühle zu produzieren.
Letztendlich geht es darum, dass Führungskräfte – weil sie meistens eine unmittelbare Wirkung auf ihre Mitarbeiter haben – sich damit beschäftigen, ob sie sich gerade in einem guten mentalen und damit auch emotionalen Zustand befinden. Und wie sie diesen erreichen bzw. optimieren können. Wichtig ist dabei, Verantwortung für die eigenen Emotionen zu übernehmen.
Ressourcenorientiertes Beziehungsmanagement
Erst wenn Menschen sich selbst annehmen, so wie sie sind, sind sie in der Lage, mit anderen Menschen wertfrei und würdevoll umzugehen. Eine derart tragfähige Beziehungsebene mit den Mitarbeitern auf Augenhöhe ist die Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, eine hohe Mitarbeiterbindung und funktionierender Agilität in Unternehmen. Wenn Führungskräfte und Mitarbeiter über ihre Beziehung und den gegenseitigen Erwartungen sprechen, kann überhaupt erst eine konstruktive Beziehung entstehen. Auf dieser Basis können die oben aufgeführten Fragen dann auch als Leitfaden helfen, den Mitarbeiter für seine Ressourcen zu sensibilisieren.