Wer sich seiner eigenen Werte bewusst ist und diese nach außen lebt, wird als authentisch wahrgenommen und ist glaubwürdig. Er entscheidet darüber hinaus selbstreflektierter und ist mit sich selbst im Reinen. Mit diesen fünf Schritten gelingt es.
Werte geben Orientierung und Entscheidungshilfe. Jemand, der seine Werte lebt, ist darüber hinaus glaubwürdig und erreicht seine Kollegen oder Mitarbeiter auf einer emotionalen Ebene.
Die Vorteile von Wertearbeit haben auch Personalentwickler längst erkannt: Die Bedeutung der persönlichen Werte in der beruflichen Weiterbildung hat deutlich zugenommen. Weil es immer stärker um die Förderung des persönlichen Engagements geht und Wertearbeit ein hierfür wichtiger Baustein ist. Es ist also nicht neu, dass sich vor allem Führungskräfte mit ihren eigenen Werten beschäftigen dürfen. Jüngst habe ich in einem Fortbildungsworkshop wieder einmal eine Liste von 60 Begriffen vorgelegt bekommen, aus denen ich für mich wichtige Werte auswählen sollte. Dabei handelte es sich um eine bunte Mischung aus Eigenschaften, Tugenden, Werten und Bedürfnissen. Kann das nicht auch anders – besser – gehen?
Zukunftsfähige Optimalbilder: Die beste Quelle für Werte
Werte verbergen sich in positiv formulierten und mit Emotionen verknüpften Vorstellungen und Ideen über Optimalzustände. Eine Quelle von Werten sind demnach Fragen wie:
– „Wie sehe ich mich in fünf Jahren?“
– „Worauf kommt es mir an?“
– „Was ist mir wirklich wichtig?“
– „Wofür stehe ich ein?“
Um daraus Handlungsmuster ableiten zu können, haben sich nach meinen Erfahrungen die folgenden Schritte des wertebasierten Coachings bewährt:
1. Schritt: Herausforderungen kennen
Es klingt selbstverständlich und fast banal, aber es ist häufig sehr hilfreich, dass sich Führungskräfte zunächst über ihren professionellen Auftrag und ihre zukünftigen Herausforderungen Klarheit verschaffen. In diesem Schritt übernimmt der Coach die Rolle des Strategieberaters, er begleitet die Zukunftserkundung: „Was kommt in den nächsten Jahren auf Sie zu?“, „Welche Zeichen der Zeit weisen heute schon darauf hin, wie sich die Arbeitswelt in Ihrem Handlungsfeld verändert?“, „Was wird sich gravierend verändern?“
2. Schritt: Optimalbild kreieren
Den zugewiesenen Aufgaben und Herausforderungen wird im zweiten Schritt gegenüber gestellt, wie man selbst darauf reagieren will. Mit kreativen Methoden entstehen gemeinsam formulierte Ideal- oder Optimalbilder: Positive Annahmen und Ansprüche hinsichtlich Führung, Teamarbeit, Zusammenarbeit und Kommunikation werden formuliert und beschrieben.
3. Schritt: Werte schöpfen
Aus diesen Optimalbildern können nun Werte herausdestilliert werden, die dem einzelnen wichtig sind. In der Arbeitswelt hat sich hierbei eine Kategorisierung nach dem Werteviereck des Wirtschaftsethikers Prof. Dr. Josef Wieland bewährt. Diese vier Verhaltensdimensionen können unterschieden werden:
Leistungswerte: Nutzen, Kompetenz, Leistungsbereitschaft, Flexibilität, Innovationsorientierung und Qualität
Kooperationswerte: Loyalität, Teamgeist, Konfliktfähigkeit, Offenheit, Kommunikationsorientierung
Kommunikationswerte: Achtung, Zugehörigkeit, Offenheit, Transparenz, Verständigung, Risikobereitschaft
Moralische Werte: Integrität, Fairness, Ehrlichkeit, Vertragstreue, Verantwortung.
4. Schritt: Wertepaare bilden
Häufig werden im Coaching zunächst unübersichtlich viele Werte identifiziert. Der Wertekanon sollte aber überschaubar sein. Meine Empfehlung ist, diesen auf etwa acht Werte zu begrenzen. Deshalb wird zunächst priorisiert und damit die Anzahl der Werte reduziert. Danach werden daraus gegensätzliche, zusammenhängende Wertepaare gebildet. So können die Werte eine Bandbreite von Verhaltensoptionen bieten. Dabei geht es nicht einfach darum, das Gegenteil des ursprünglichen Wertes zu finden, denn dieser ist meist kontraproduktiv (Bsp: „Vertrauen“ – „Misstrauen“). Mit der Wertequadrat-Methode des Psychologen Friedemann Schulz von Thun werden positiv formulierte Gegenwerte gesucht. Ausgehend vom ursprünglichen Wert („Vertrauen“) wird zunächst hierfür nach einer entwertenden Übertreibung gesucht („Naivität, Gutgläubigkeit“). Danach legt man das Gegenteil davon fest („Misstrauen“). Zuletzt wird versucht, diesem Gegenteil etwas Positives abzugewinnen, einen nützlichen Kern zu finden („Realitätssinn“, „Realismus“ oder „Kontrolle“.) Dieser Schritt ist Denksport und man muss um die Ecke denken.
Folgende Wertepaare können sich beispielsweise hierbei ergeben:
– Innovation – Bewahren
– Vertrauen – Realismus
– Partizipation – Entscheidung
– Teamgeist – Einzelverantwortung
– Verantwortung – Unterstützung
5. Schritt: Handlungsprinzipien festlegen
Die Wertepaare bilden nun als Verhaltenskorridor den Rahmen für Ihr werteorientiertes Verhalten. Zu jedem Wertepaar können Sie zwei bis vier normative Handlungsgrundsätze (Handlungsprinzipien, Leitlinien, Grundsätze) formulieren und daran die Bedeutung ihrer Werte im Kontext der Gegenwerte betrachten und so besser einordnen.