Na Sie: Haben Sie auch schon schlaflose Nächte, weil Ihnen Ihr Vorgesetzter ‘Agile Führung’ in die Zielbvereinbarung geschrieben hat? Vermutlich hat er vergessen zu erklären, was ‘man’, oder noch besser ‘er’, darunter versteht. Ich möchte versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Schauen wir zunächst in den Duden und ein englisches Wörterbuch. Was bedeutet der Begriff ‘agil’ eigentlich: ‘Von großer Beweglichkeit zeugend; regsam und wendig’ und ‘flink, lebhaft, beweglich’ heißt es dort. Sind das die Bestandteile eines neuen Zaubertrunks, der Führung um Vieles einfacher und erfolgreicher macht?
Wenn ich Seminare zum Ausbau der Führungskompetenz moderiere, kommt nach dem Kapitel “Agile Führung” immer die Frage “Was ist denn neu daran?” Und wenn ich dann mit „Alter Wein in neuen Schläuchen“ antworte, ist mancher Teilnehmer enttäuscht. Um es gleich vorweg zu sagen: Es gibt keine neue Tool-Box mit der Aufschrift ‘Agile Führung’. Es gibt neue Rahmenbedingungen! Und für die müssen wir das passende Handwerkszeug finden. Scrum, Kanban und Design Thinking sind interessante Prozessanleitungen oder Kreativformate, aber auch schon wieder so komplex, dass sie von dafür ausgebildeten Experten aber nicht von der Führungskraft selbst angewandt werden sollten.
Passendes Handwerkszeug für veränderte Rahmenbedingungen ist also das eigentliche Thema. Schauen wir zunächst auf den Rahmen: Kunden, Märkte, Mitarbeiter, wachsende Regelwerke zum Beispiel. Was hat sich bei diesen Kriterien in den letzten Jahren in Ihrer Branche verändert? Wahrscheinlich lautet die Antwort: „In den letzten Jahren? Alles verändert sich dauernd und immer schneller werdend!“ Und damit sind wir beim Kern der Agilität angekommen: Es braucht heute Unternehmer und Führungskräfte, die sich flexibel auf Veränderungen einstellen und schnell auf diese reagieren können; die Mut zur Veränderung, zur Innovation haben und wissen, dass es dabei auch mal zu Rückschlägen und Misserfolgen kommen kann. Sportler lernen aus Letztgenanntem übrigens am meisten. Warum nicht auch Sie?
Um diesen immer komplexer werdenden Herausforderungen gerecht werden zu können, bedarf es einer leistungsfähigen IT, optimaler Prozesse, eines kontinuierlichen Anpassungs- u. Verbesserungsprozesses und vor allem: Den richtigen Mitarbeiter, das richtige Team am richtigen Platz! Wie steht es eigentlich um Haltung, Wissen und Erwartungen Ihrer MitarbeiterInnen? Wissen Sie, was ihnen wirklich wichtig ist? Vom Geschäftsführer eines von mir betreuten Unternehmens höre ich gerade folgende Erkenntnis: ‘Es macht so richtig Spaß, mal wieder in die Teams zu gehen, sich über alles auszutauschen und zu erfahren, was die MitarbeiterInnen wirklich bewegt. Und eine Menge von Verbesserungsvorschlägen habe ich dabei auch noch mitgenommen.’
Mitarbeitergespräche sind im Zeitalter der Digitalisierung wichtiger denn je. Die Unternehmensleitung hat ihre Werte, Sie als Führungskraft haben sie. Und Ihre MitarbeiterInnen wissen gleichermaßen, was ihnen wirklich wichtig ist. Das Zusammenspiel dieser Wertekonstrukte macht die Unternehmenskultur aus. Und wenn sich in dieser Kultur nicht alle wirklich wohl, motiviert, gefordert und gefördert fühlen, werden Sie es nie zu einem agilen Unternehmen bringen. Verbringen Sie in Mitarbeitergesprächen weniger Zeit mit der Diskussion um KPIs und Prozesse. Geben Sie Ihren Gesprächspartnern viel mehr und immer wieder die Antwort auf die Frage nach dem
‘WARUM’. Das stärkt die Bereitschaft zur Selbstorganisation und Übernahme von Verantwortung. Haben Sie Lust auf Macht- und Kontrollverlust! All das schafft beste Voraussetzungen, um den multilateralen Herausforderungen agil und erfolgreich begegnen zu können.