Vuka. Eine neue Managementphilosophie oder das Ende einer Illusion? Ein Akronym macht die Runde durch die Managementwelt. Worum gehts es?
Zunächst die einzelnen Bestandteile:
V –> Votalität
U –> Unsicherheit
K –> Komplexität
A –> Ambiguität
Votalität bezeichnet in der Finanzmathematik die Schwankung von Aktienkursen und/oder Zinsen. Allgemein meint Votalität die Schwankung von Zeitreihen.
Wikipedia definiert Unsicherheit als einen bewusst wahrgenommenen Mangel an Sicherheit oder (im wissenschaftlichen Kontext) an Reliabilität und Validität. Ein tatsächlicher Mangel an Sicherheit wird auch als Gefahr bezeichnet.
Gablers Wirtschaftslexikon meint zu Komplexität: Komplexität ist durch Anzahl und Art der Elemente und deren Beziehungen untereinander bestimmbar. Komplexe Prozesse weisen eine Eigendynamik auf und sind meist irreversibel, sodass Handlungen nicht rückgängig gemacht werden können. Wichtigstes Merkmal komplexer Situationen ist die Intransparenz für den Entscheider. Oder Kurz gesagt: Wir wissen nicht wie es geht.
Ambiguität meint Mehrdeutigkeit. So kann Flügel, ein Klavier, ein Körperteil eines Vogels, ein Bauteil eines Flugzeuges, oder ein Teil eines Gebäudes bezeichnen. So weit zur Begriffsdefinition von Vuka (engl. vuca).
Brauchen wir diesen Begriff überhaupt?
Wenn ich mir die Seminarbeschreibung eines auf Vuka spezialisierten Anbieters anschaue finde ich folgende Aussagen:
1. Wie gewinne ich Orientierung? VUKA-Modell, Analyse- und Problemlösungstechniken
2. Wie entwickle ich eine Vision, wie formuliere ich ein Ziel? Zieldefinition und Zielkaskadierung
3. Wie treffe ich Entscheidungen? Professionelle Methoden zur Entscheidungsfindung
4. Wie gestalte ich Strukturen? Management-Modelle, Konzepte für Organisationsstrukturen, effektives Projektmanagement
5. Wie verankere ich Innovationskraft? Steuerung von Innovationsmanagement UND Innovationskultur
Alter Wein in neuen Schläuchen. Da werden Jahrzehnte alte Inhalte neu verpackt. Es wird suggeriert mit der richtigen Managementmethoden doch noch die Kontrolle behalten zu können. Die Kontrolle von etwas behalten, was sich gerade auflöst, dafür benötigen wir keinen neuen Begriff.
Vuka steht vielmehr für einen Sprung im Bewusstsein, eine Beschleunigung. Abläufe gestalten sich immer schneller, traditionelle Strukturen und Managementsysteme sind überfordert. Ganz zu schweigen von den vielen Mitarbeitern die heldenhaft versuchen, dieser Beschleunigung noch irgendwie in den alten Mustern von Kontrolle und Macht Herr zu werden. Viele davon landen im Burnout oder in der Sinnlosigkeit. Das Ende der Kontrolle wurde eingeläutet, das Ende einer gesamten Managementära, in der der Vorgesetzte noch über ein Herrschaftswissen verfügte und dadurch seine Autorität definierte. Es macht wenig Sinn, ein Schiff, was gerade untergeht, noch in einem naiven Rettungsversuch mit einem neuen Navigationssystem auszustatten. Schon Einstein wusste das, als er sagte, dass ein Problem niemals auf der selben Ebene gelöst werden kann auf der es entstanden war.
Wir wissen schon spätestens seit den Arbeiten von Clare Graves von dem aufscheinenden neuen Bewusstsein. Spätestens seit der Veröffentlichung von Spiral Dynamics von Don Beck und Christopher Cowan 1996 ist diese Perspektive auf die Welt hinreichend beschrieben. Es offenbart sich ein Bewusstsein im Menschen, dass sich in der sogenannten Vuka Welt pudelwohl fühlt. So schreiben die Autoren:
Gelb (die Stufe des Bewusstseins) gehört zu der Gruppe von Systemen, die eher expressiv als opferbereit sind. Daher wird derjenige, der hier seinen Schwerpunkt hat, nicht wie die Motte in irgendjemandes offene Flamme fliegen. Erwarten Sie von ihm nicht, dass er sich für eine Kommune, Tradition, Ihre Wahrheit, oder die Menschheit als Ganzes aufopfert. Es gibt kein gelbes Sackgewand, das zu schuldbeladener Asche passen würde. Man hört und reagiert wahrlich auf die Schläge seines eigenen Trommlers. […] Letztlich interpretiert man die Welt durch das Prisma des eigenen Selbst, wobei man in einem Selbstbedienungsrestaurant aus Optionen und Szenarios die eigen Wahl trifft.
Vuka, eine neue Welt im Werden
Hier wird das Erwachen einer inneren Stimme beschrieben, die den Mitarbeiter lenkt und weniger, die Autoritäten, oder Strukturen von gestern. Wir sind gut beraten ebenfalls schleunigst diese innere Stimme in uns zu entdecken und zu lernen, ihr zu vertrauen. Tun wir das nicht, finden wir uns bald in der Überbeschleunigung mit den bekannten Folgen von Burnout und Chaos.
Wir erleben das Ende der Kontrolle. Das Ende einer Ära, mit vielen Grenzen und Beschränkungen. Gaben uns früher charismatische Führer und konstante Strukturen Sicherheit, so ist es heute die eigene innere Stimme, die uns leitet. Nichts und niemand wird uns mehr sagen können, was wir zu tun oder zu lassen haben. Vuka zwingt uns, auf unsere eigene Stimme zu hören, denn nur sie ist in der Lage uns Sicherheit zu vermitteln, in einer Welt, die sich gerade vor unseren Augen auflöst. Gemeinsam erleben wir den Übergang in ein neues Zeitalter des Vertrauens und der Menschlichkeit. Und jeder Einzelne, der beginnt auf seine eigene innere Stimme zu hören, statt auf äussere Autoritäten trägt zu dieser neuen Welt bei.
Ich bedanke mich bei jedem, der diesen spannenden Schritt wagt und freue mich, Sie bald wieder in einer Welt zu treffen, die in einem Gefühl der Menschlichkeit wurzelt, geprägt ist von dem Respekt gegenüber allem Lebendigen und die Einzigartigkeit in jedem Menschen erkennt.
Zum Schluss ein Zitat von Graves über dieses sich gerade abzeichnende Bewusstsein:
Werte kommen aus der Großartigkeit der Existenz, statt aus selbstsüchtigen oder Gruppeninteressen. Sie wohnen der Natur des Lebens selbst inne – ein fundamentales natürliches Gesetz.
Und Sie fragen sich jetzt vielleicht was sie tun können?
Werden Sie radikal und machen sie keine Kompromisse. Stehen Sie zu ihrer Meinung, wichtiger noch zu ihren Gefühlen und muten Sie sich ihrem Gegenüber zu, auch wenn es ihr Chef oder Kunde ist. Sie werden überrascht sein, was alles möglich ist, wenn sie echt, statt angepasst ihre Meinung sagen.