Wie sieht beruflicher Erfolg aus? Häufig wird angenommen, dass jeder dieselben Erfolgsbilder hat, weil jeder erfolgreich sein möchte. Doch genau das ist der Clou: Erfolgsbilder und die zugrunde liegenden Karriere-Motivationen sind individuell. Welches ist Ihres?
Die folgenden Fragen an amerikanische MBA-Studenten führten zu der Entwicklung eines Tools für die strategische Karriere- und Teamentwicklung:
Welche Richtung hat sich die Karriere eines Klienten entwickelt: aufwärts in der Hierarchie, seitwärts oder kaum?
Wie lange ist der Klient auf einer Position geblieben, bevor er sich weiter bewegte?
Wie weit sind Arbeitsinhalt und Expertise in der momentanen Position von seiner Ausgangsposition entfernt?
Die Muster, die sich aus diesen drei Faktoren ableiten lassen, bilden jeweils einzigartige Motivationskombinationen, die sich im Modell mit seinen vier Typen von Karrieremotivation wiederfinden lassen.
Die vier Typen der Karrieremotivation:
1. Expert
Für diesen Typen geht es um den Aufbau von Expertise und das Streben nach Sicherheit. Experten sehen eine erfolgreiche Laufbahn als lebenslange Hingabe an einen Beruf, mit dem man sich identifiziert und als kontinuierliche Beherrschung des Wissens und der Fähigkeiten.
2. Linear
Dieser Typ schätzt Macht und Leistung und will nach oben. Beförderung ist der wichtigste Faktor, da zunehmende Verantwortung und Einfluss damit verbunden werden. Herausforderungen werden häufig gesucht, Erfolg ist erzielt, wenn höhere Ebenen in der Hierarchie erreicht werden, was gewöhnlich durch Statussymbole markiert wird. Wenn man sagt, jemand “macht Karriere”, meint man diese Art von Motivation. Die Kompetenzen, die mit dieser Motivation einhergehen, sind Wettbewerb, Führung und Effizienz.
3. Spiral
Dieser Typ strebt nach Kreativität und Wachstum. Im Gegensatz zu den beiden erstgenannten Motivmustern ist dies keine traditionelle Karriereentwicklung. Vielmehr wird sie durch periodische Seitwärtsbewegungen charakterisiert, die gewöhnlich von einer zentralen Fähigkeit oder Expertise ausgeht. Diese Veränderungen setzen tendenziell eine Entwicklung von breiteren Fähigkeiten und neuen Anwendungen früherer Erfahrungen voraus, wodurch neue berufliche Möglichkeiten entdeckt werden. Erfolg bedeutet für diesen Typen die eigene Entwicklung, die anderer Menschen, die von Dienstleistungen oder von Produkten. Die Kompetenzen, die damit einhergehen, sind Teamwork und Projektarbeit, Kreativität und Diversität von Fertigkeiten.
4. Transitory
Dieser vierte Typ ist der am wenigsten konventionelle und am stärksten wandlungsorientierte. Er strebt nach Unabhängigkeit und Vielfalt. Er braucht neue Inputs − was bedeutet, dass Menschen mit diesem Motiv ihre Positionen schneller verändern. Die Transitory (transitorisch = schnelllebig) genannte Motivation wird durch Mikro-Management (geringe Unabhängigkeit) oder repetitive Arbeit (geringe Vielfalt) negativ beeinflusst. Netzwerken, Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit sind Kompetenzen, die mit dieser Motivation verbunden sind. Derart Motivierte sehen sich vor das Problem gestellt, missverstanden zu werden.
Diese vier verschiedenen Motivationsarten können leicht als Persönlichkeitstypologie aufgefasst werden, es sind aber keine. In der Regel tragen wir alle Motivationen in einem spezifischen Anteil in uns, die sich in einem einzigartigen Profil darstellen. Daher muss die persönliche Gewichtung dieser Motivationen identifiziert werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unternehmenskultur, in welcher der Einzelne arbeitet.
Die vier verschiedenen Arten von Unternehmen:
Expert-Unternehmen
Deren Strategie zielt auf Konsolidierung.
Aufbauorganisatorisch lassen sie sich als flache Pyramide beschreiben. Die Haupt-Leistungsindikatoren in solchen Unternehmen sind Qualität und technische Expertise. Anerkennung und technisches Training (Personalentwicklung) sind die zentralen Belohnungsanreize.
Linear-Unternehmen
Ihre Strategie zielt auf Wachstum.
Aufbauorganisatorisch lassen sie sich als steile Pyramide beschreiben. Die Haupt-Leistungsindikatoren in solchen Unternehmen sind Profit und Führungsqualität. Beförderung und Managementaufgaben sind die zentralen Belohnungsanreize.
Spiral-Unternehmen
Sie haben eine auf Erneuerung ausgerichtete Strategie.
Aufbauorganisatorisch lassen sie sich als Matrix beschreiben. Die Haupt- Leistungsindikatoren in solchen Unternehmen sind Kreativität und Kompetenzvielfalt. Job-Rotation und Ausbildung sind die zentralen Belohnungsanreize.
Transitory-Unternehmen
Deren Strategie zielt auf Möglichkeiten.
Aufbauorganisatorisch lassen sie sich als temporäre Teams verstehen. Die Haupt-Leistungsindikatoren in solchen Unternehmen sind Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit. Gehaltsbonus und Unabhängigkeit sind die zentralen Belohnungsanreize.
Wie im klassischen Fitting-Ansatz postuliert das Modell, dass Individuum und Organisation zueinander passen müssen, um eine optimale Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Anwendungsmöglichkeiten des Karrieremodells
In einem Online-Assessment können Karrieremotivation und -Präferenzen analysiert werden, für ein Coaching werden wichtige Informationen bereitgestellt, um weitere Karriereentwicklungen strategisch zu planen. Für Teamaudits ist diese Methode sehr hilfreich, da sie eine gemeinsame Sprache für unterschiedliche Motive und Sichtweisen bereitstellt.
Aber auch schon bei der Rekrutierung oder bei der Auswahl des neuen Arbeitgebers ist es notwendig, die persönlichen Motive mit der Karrierekultur im Unternehmen abzugleichen. Oft ist zu spät, wenn das Matching-Potential erst später überprüft wird durch Mitarbeitergespräche. Motivationsverluste, Leistungseinbußen oder Kündigungen können die Folge sein, wenn Mitarbeiter nicht individuell gefördert werden oder die Organisation erst gar nicht weiß, welche Erwartungen die Menschen an Karriereentwicklung und Inhalte der Arbeit haben.
Wenn Unternehmen agiler werden wollen, benötigen Sie zunehmend auch Menschen mit beweglicheren Karriereerwartungen. Wie aber passen traditionelle hierarchische Muster mit flexiblen Matrixstrukturen und interdisziplinären Teams zusammen?
Die Erfahrung zeigt, dass tradierte Denkweisen überprüft werden sollten und Mitarbeiter und Unternehmen den Begriff „Karriere“ neu definieren sollten.