Gute und ethische Entscheidungen wollen erarbeitet werden. Doch wie geht das? Welche Ebenen können Sie abklopfen, wenn Sie eine Entscheidung treffen wollen?
Eine Möglichkeit ist es, darüber zu reflektieren, aus welcher Ebene oder Geisteshaltung heraus Sie eine Entscheidung treffen wollen. Prinzipiell unterscheidet man dabei drei Ebenen:
1. Die Ebene der negativen Emotionen
Aus einer starken negativen Emotion heraus zu entscheiden ist in den seltensten Fällen eine gute Handlungsgrundlage. Emotionen machen unklar. Das eigene Handeln ist dann in der Regel darauf ausgerichtet, einer unangenehmen Situation zu entkommen. Etwas, das sich negativ anfühlt, soll sich verändern, und zwar möglichst schnell! Das ist verständlich. Doch es gibt Situationen, da wäre es wichtig, ein unangenehmes Gefühl noch ein kleines bisschen länger auszuhalten. Denn dann könnten Sie vielleicht eine sehr viel bessere Entscheidung treffen.
Ein Beispiel: Eine Berufsbetreuerin wurde bei einem Gespräch mit einem Heimleiter sehr unwirsch von diesem unterbrochen und dann sogar rausgeworfen, weil sie ihm nicht zustimmen wollte. Verständlicherweise hätte sie daraufhin am liebsten alle Hebel in Bewegung gesetzt, um dem Heimleiter eins auszuwischen, denn sie empfand sein Verhalten äußerst frech und unangemessen. Entsprechend geladen war sie zunächst.
Doch sie wartete, bis ihr Ärger wieder abgeflaut war. Dann konnte sie in aller Ruhe die offiziellen Stellen einschalten und um Unterstützung bitten. Das hatte letztendlich eine sehr viel größere Wirkung als wenn sie der Emotion direkt nachgegeben und den Heimleiter sofort „zur Schnecke gemacht“ hätte. Sie war in der Lage, die richtige Lektion zu erteilen und zugleich das zu erreichen, was sie erreichen wollte.
Prüfen Sie also immer erst Ihre Emotionen, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Entscheiden Sie nie aus einem Affekt heraus, sondern erst, wenn Ihre Emotionen wieder im „Mittelmaß“ angekommen sind.
2. Die Ebene der persönlichen Gier
Sie wollen etwas unbedingt haben. Es brennt Ihnen unter den Nägeln… Je schneller Sie solch einem Gefühl nachgeben, umso leichter passiert es, dass Sie das später bereuen. Vielleicht denken Sie zuerst an Dinge, die Sie kaufen können oder wollen. Doch das ist bei weitem nicht alles. Gier gibt es auch in sehr viel versteckteren Varianten. Man kann gierig sein nach Kontakt, nach Ruhe, nach Alleinsein, nach angenehmen Gefühlen… Gier bedeutet lediglich, dass Sie an etwas anhaften und sich deshalb nicht mehr in Ruhe überlegen können, ob Sie das jetzt wirklich brauchen, um leben zu können, oder nicht.
Prüfen Sie also immer den Grad Ihrer Anhaftung, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Entscheiden Sie erst, wenn Sie sich auch vorstellen können, etwas nicht zu bekommen und Sie dabei keine Gefühlswallung mehr bekommen.
3. Die Ebene des Mitgefühls
Entscheidungen, die aus Mitgefühl heraus getroffen werden, sind die besten und ethischsten Entscheidungen. Wenn Sie Mitgefühl empfinden, schauen Sie auf andere gleichermaßen wie auf sich selbst. Sie unterscheiden nicht zwischen sich und anderen, zwischen besser und schlechter, zwischen mehr oder weniger. Sie finden einfach heraus, welche die bestmögliche Variante für alle Beteiligten ist. Sie handeln, ohne sich in den Vordergrund zu stellen. Und ohne sich komplett zu vergessen. Sie sind Teil des Ganzen, so wie jeder andere auch.
Selbst eine unangenehme Situation lässt sich auf der Basis von Mitgefühl viel leichter aushalten. Vor allem, wenn Sie wissen, dass Ihr Durchhalten jemandem oder etwas dient und eine gute langfristige Wirkung erzeugt.
Prüfen Sie also immer den Status Ihres Mitgefühls und Ihres Verständnisses für andere, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Entscheiden Sie erst dann, wenn Sie Liebe und Mitgefühl in sich aktiviert haben.
Das Treffen von guten und ethischen Entscheidungen kann trainiert werden. Üben Sie sich ein wenig in Selbstreflektion. Dann werden Sie schnell lernen, zu erkennen, auf welcher Ebene Sie sich gerade befinden und welche Schritte Sie daher befolgen sollten, bevor Sie eine Entscheidung treffen.