Warum Sie Ihr Unternehmen emotional leiten sollten – Anforderungen an eine zeitgemäße Führung

Immer mehr Arbeitnehmer wünschen sich einen Chef, der sie in Entscheidungsprozesse integriert. Studien haben gezeigt, dass kooperative Führungskräfte sogar bessere Unternehmensergebnisse erzielen. Persönlichkeitscoach Udo Gast erklärt, welche Anforderungen an Arbeitgeber in unserer digitalisierten Arbeitswelt gestellt werden.

Gemeinhin wird Führung als Fähigkeit verstanden, andere Menschen für definierte Ziele derart zu beeinflussen und zu motivieren, dass ihre Handlungen dem Erreichen eben dieser Zwecke dienen. In unserer heutigen Informationsgesellschaft hat Führung eine völlig andere Bedeutung bekommen. Entscheidungen von Vorgesetzten, sofern sie denn auf äußeren Umständen beruhen, können beispielsweise sofort überprüft werden, da sie sofort per Facebook, Twitter etc. an andere kommuniziert werden und damit eine extreme Ausbreitungsdimension haben.

 

Was ist emotionale Führung?

Der bekannte amerikanische Psychologe Daniel Goleman stellt in seinem Buch „Emotionale Führung“ die Ausgangsthese auf: „Die grundlegende Aufgabe von Führungskräften besteht darin, in den Menschen, die sie führen, positive Gefühle zu wecken.“ Laut Goleman steht vor dem Einsatz der emotionalen Führung zunächst die Ausbildung und Anwendung emotionaler Intelligenz. Die Komponenten dieser entwickelte er auf Grundlage der Theorie der multiplen Intelligenzen von Howard Gardner Goleman und machte sie an fünf Fähigkeiten fest:

– der Selbstwahrnehmung der eigenen Gefühle,
– der Selbstregulierung der eigenen Gefühle und der Motivation, d.h. einer positiven Grundhaltung (auch in schwierigen Phasen)
– der Empathie, sich in die Gefühle anderer hineinzudenken, und
– der sozialen Kompetenz, Einfluss auf andere Menschen zu nehmen, richtig mit ihnen zu kommunizieren, zu kooperieren, Konflikte durchzustehen und sie auch zu führen.

Nach Goleman besteht die Aufgabe einer Führungskraft also darin, seine Mitarbeiter auf der Gefühlsebene anzusprechen, positive Stimmungen herzustellen und damit auch optimistisch auf die Aufgabenstellung einzustimmen. Gelingt es darüber hinaus noch, die Leidenschaft bei den Teammitgliedern zu wecken, führt das zu fantastischen Ergebnissen.

 

Die drei Arten der Mitarbeiter

Die Personalauswahl erfolgt heutzutage immer häufiger anhand der Kriterien für personale oder emotionale Intelligenz. Im Wesentlichen unterscheidet man nach Professor Jörg Knoblauch, dem Personal-Vordenker für den Mittelstand, drei Mitarbeitertypen: den Miesmacher, den Mitmacher und den Mutmacher. Der Miesmacher hat schon gedanklich gekündigt, bevor er eingestellt wird, der Mitmacher kommt und geht pünktlich und verhält sich auch sonst unauffällig und der Mutmacher engagiert sich mit ganzem Herzen für sein Unternehmen und schießt die Tore für den Chef. Zugang zu zeitgemäßen Unternehmen findet nur der Typ Mutmacher.

 

Fordernde Führungsstile erzeugen Dissonanz

Gegen Ende der Fünfzigerjahre entwickelten W. H. Schmidt und Robert Tannenbaum eine Typologie alternativer Führungsstile. Dabei stellten sie ein Kontinuum von extrem autoritär bis hin zu extrem demokratisch geprägtem Stil dar. Die vier Ausprägungen der Stile sind unter folgenden Begriffen bekannt geworden: Autoritärer Stil, Konsultativer Stil (beratend), Partizipativer Stil, Kooperativ (demokratisch mit vorgegebenem Entscheidungsspielraum oder ganz frei).

Unter Anwendung der Erkenntnisse emotionaler Intelligenz entwickelte Goleman seine Resonanz erzeugenden Führungsstile. Diese Leitungsstile wirken sich auf das emotionale Klima der Organisation aus, indem sie eher Resonanz oder Dissonanz bei den Mitarbeitern erzeugen. Vier Stile, die Resonanz erzeugen, werden als visionär, coachend, gefühlsorientiert und demokratisch bezeichnet. Als fordernd und befehlend werden die dissonanten Stile bezeichnet. Die empirischen Untersuchungen belegen, dass die Führungskräfte, welche die Resonanz erzeugenden Methoden einsetzten, deutlich bessere Unternehmensergebnisse erzielten.

 

Was ist Ihr Führungsstil?

Welchen der vorgenannten Führungsstile wenden Sie in der Praxis an? Sagen Sie Ihren Mitarbeitern eher solche Sätze wie:
„Wenn hier einer entscheidet, dann ich!“ oder
„Was meinen Sie, was könnten wir nach Ihrer Erfahrung jetzt tun?“ oder gar
„Wie fühlen Sie sich mit dieser Aufgabe?“

Beim ersten Satz pflegen Sie den befehlenden Stil, beim zweiten Satz den demokratischen Stil, beim dritten den gefühlsorientierten. Aber wie sieht das bei anderen Unternehmen aus? In einer repräsentativen Studie der Personalberatung Rochus Mummert aus München geben 24 Prozent der befragten Arbeitnehmer an, dass sie einen Chef mit einem befehlenden Stil haben. Allerdings wünschen sich nur 3 Prozent der Befragten diesen Führungsstil.

23 Prozent erfahren einen coachenden Führungsstil im Unternehmen, aber doppelt so viele der Befragten wünschen sich einen solchen Chef. 10 Prozent haben einen gefühlsorientierten Arbeitgeber, 18 Prozent der Befragten wünschen sich diesen Führungsstil. 12 Prozent erwärmen sich für einen demokratischen Führungsstil, wobei sogar 13 Prozent der Befragten diesen erfahren.

„Unsere Studienergebnisse belegen eindeutig, dass Manager ihre Mitarbeiter nicht als Zielgruppen, sondern als Menschen ansprechen müssen“, sagt Dr. Hans Schlipat, Managing Director der Rochus Mummert Gruppe.

 

Mit emotionaler Führung zu besseren Ergebnissen

Kritiker werten das Konzept von Goleman als moralisierend. Auch würde ein entsprechender eindeutiger Nachweis der Korrelation von beruflichem Erfolg und emotionaler Intelligenz noch ausstehen. Allerdings bietet das Konzept trotz aller Kritik in der Unternehmenspraxis bei der Führung und im Mitarbeiterumgang viele Anregungen. Es bieten sich neue und zeitgemäße Möglichkeiten, mit Problemsituationen umzugehen, Verhaltensweisen zu beeinflussen, eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit und damit bessere Unternehmensergebnisse zu erzielen.