Es gibt äußere Umstände, die uns belasten, wie Zeitdruck, Mobbing, Unter- oder Überforderung, 24/7 Verfügbarkeit. Und es gibt innere Stressoren, die fast schwerer wiegen, wenn wir ihnen nicht mit entsprechender Bewusstheit begegnen können. Auf die Frage „Kann ich überhaupt etwas tun?“ gibt es ein eindeutiges Ja! Manches geht allerdings nicht ohne professionelle Unterstützung.
Werden wir nur kurzfristig bis an unsere Grenzen belastet, wirkt das wie wiederholtes sportliches Training. Das Gehirn setzt innerhalb von Millisekunden Neurotransmitter und Stresshormone frei. Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz steigen. Unser gesamter Organismus ist in Alarmbereitschaft gesetzt. Ist der Stress vorbei, geht die natürliche Bewegung wieder in einen Normalzustand zurück. Man schläft besser, ist ausgeglichener und vitaler. Dann spricht man von positivem Stress oder Eustress.
Hormonmangel durch Dauerstress
Sind wir jedoch dauerhaftem Stress ausgesetzt, unabhängig davon, ob die Stressoren im Außen oder in unseren inneren Funktionsmechanismen begründet sind, spricht man von negativem Stress oder Dystress. Unser Körper und unser Immunsystem befinden sich dann in ständiger Alarmbereitschaft mit entsprechenden gesundheitlichen Folgen. Der Mangel an Hormonen und Neurotransmittern, zu wenig Adrenalin, zu viel Noradrenalin können zu Erschöpfung, Schlafstörungen, Depressionen, Angstzuständen führen und zu Beschwerden im Herz-Kreislauf- und Verdauungssystem. Dauerstress muss also unbedingt abgebaut werden, wenn wir unsere eigene Gesundheit, unsere Lebensfreude und Leistungsfähigkeit und die unserer Mitarbeiter erhalten wollen.
Stressoren zu verändern, kann auch stressen
Das Verändern von Stressoren, sowohl äußere als auch innere Stressoren, kann in das Regelwerk von Arbeitsabläufen, Settings, Meetingstrukturen, in lange konditionierte menschliche Funktionsmechanismen, Denk- und Handlungs-Gewohnheiten eingreifen. Es rüttelt sozusagen kräftig an der „Box“. Und da wir als Menschen zwar auf der einen Seite einen hohen Leidensdruck spüren, macht uns auf der anderen Seite aber auch Veränderung Angst, weil sie uns immer in Unsicherheit stürzt, eine Neuorientierung erforderlich macht, sprich ins Nicht-Wissen katapultiert.
In 5 Schritten zu Less Stress
Von diesen Gefühlen und von dieser Ambivalenz dürfen Sie sich nicht irritieren oder abhalten lassen, wenn Sie in Richtung Less Stress! unterwegs sind. Oder viel besser positiv ausgedrückt: wenn Sie sich dahin bewegen, wohin es Sie wirklich auch innerlich zieht. Im Gegenteil. Die Gefühle geben Ihnen Hinweise auf interne Verarbeitungsprozesse und zeigen an, dass hier Energie in der Hin- und Herbewegung gebunden ist und damit nicht dem Arbeits- und Entwicklungsprozess zur Verfügung gestellt werden kann. Es erfordert höchste Führungskunst, Professionalität im Umgang mit starken Emotionen und deren Ursprung und den Einsatz von entsprechenden Supportstrukturen beziehungsweise Supportpersonen – unabhängig davon, ob Sie sich in einen Less-Stress-Prozess als Einzelperson begeben oder, ob Sie als Führungs-oder Personalverantwortlicher eine Initiative starten. Vielleicht ist es auch an der Zeit, einen Profi zu engagieren, der Sie unterstützt. In jedem Fall lässt sich ein Less-Stress-Programm am besten in fünf Schritte strukturieren:
Step 1: Der erste Schritt auf diesem Weg ist natürlich die Identifizierung der Stressoren. Fast in jeder Stresssituation finden wir eine Kombination vor von inneren und äußeren Stressoren. Es erfordert einen gewissen Mut, Dinge beim Namen zu nennen, ohne in Schuldzuweisungen oder in Vorwürfe abzugleiten. Und großen Mut, sich selbst zu reflektieren und wirklich zu spüren. Diese Selbst-Reflexion kriegt man alleine nicht hin, dazu ist man zu sehr „drin“, beziehungsweise identifiziert. Hierzu braucht man am Anfang immer einen Profi. Das kann auch der Leader nicht leisten, egal wie gut er ist. Ohne Profi-Begleitung zu Beginn einer derartigen Initiative ist der Frust vorprogrammiert.
Step 2: Der 2.Schritt besteht in der Konfrontation mit dem was passiert, wenn die Stressoren plötzlich sichtbar sind. Das löst bei allen Beteiligten immer auch Gefühlsreaktionen aus, die, wenn sie nicht gut geführt werden, in endlose Diskussionen, neuen Stress und Destruktivität führen können. Hier sind das wirkliche Zuhören, das Erfassen der Bedürfnisse und das gekonnte Surfen und Coachen der Emotionswelle gefragt.
Step 3: Der 3. Schritt macht die Ausrichtung auf ein Ergebnis, das Ziel, den Entwurf einer erstrebenswerten Vision, eines Szenarios erforderlich. Wofür lohnt es sich, meine Gewohnheiten zu hinterfragen und etwas Neues auszuprobieren? Less Stress wird gegebenenfalls als Team-Projekt definiert mit entsprechenden Mitgliedern, Leadern, Rollen, Zuständigkeiten, Verantwortung und Verantwortlichkeiten.
Step 4: Im 4. Schritt legt man gemeinsam fest, wie man das beabsichtigte Ergebnis erreichen will. Will man nicht in alte Gewohnheiten und Stress-auslösende Handlungsmuster verfallen, braucht es hier neue Strukturen, Setups für Meetings und Arbeitsabläufe, Pausen, Kreativität, das Andocken an Werte und Bedürfnisse und an das Commitment, das man entweder mit sich selbst oder mit dem Unternehmen eingegangen ist, für das man arbeitet. Hier werden Lern- und Entwicklungsfelder der Menschen im Umgang mit inneren und äußeren Stressoren sowie praktische Bedarfe an Ruheräumen oder Meditationsangeboten definiert und entsprechende Maßnahmen und Supportangebote wie Less Stress Courses, Einzel-Coaching und Training in New Leadership, Entspannungskurse und ähnliches eingeleitet.
Step 5: Der 5.Schritt umfasst die regelmäßige Überprüfung des Status Quo und die entsprechende Neujustierung des Prozesses. Manches findet in regelmäßigen Sharingrunden statt, manches als Einzelgespräche mit einem definierten Coach. Es werden Fragen erörtert wie: Woran erkenne ich, ob ich mich wieder in einer gesunden Balance befinde zwischen Anspannung und Entspannung? Wie geht es meinem Körper? Wie meinem Denken? Wie meinen Gefühlen? Welche Auslöser haben mich immer noch am Haken? Was kann ich selbst tun? Welche Hilfe und Unterstützung kann ich mir holen?
Destruktive Hamsterräder stören
Diese fünf Schritte bieten natürlich nur einen ungefähren Anhaltspunkt und einen kleinen Auszug aus dem komplexen Themenkatalog, mit dem man zu tun hat, wenn man sich mit dem Thema Less Stress befasst. Es braucht Kompetenz, Sensitivität und Kreativität, Ausdauer und Geduld, um Agilität in alte Denk- und Verhaltensgewohnheiten zu bringen und um destruktive Hamsterräder im Inneren und im Außen so zu stören, dass Neues, Veränderung und Entwicklung und Less Stress als Support-Möglichkeiten angenommen werden können und nicht mehr als zusätzlicher Stress erlebt und entsprechend abgelehnt werden müssen. Denn Less Stress ist immer auch ein Change-Prozess mit den vielfältigen Herausforderungen und der ganzen Komplexität, die das bedeutet.