Die Intuition eines Menschen ist mehr als nur ein Bauchgefühl. Sie hilft Ihnen stattdessen, gute Entscheidungen zu treffen – nicht nur bei der Jobsuche. Aber wie?
Selbstmarketing ist das Wort, mit dem Jobsuchende aktuell auf allen Kanälen genervt werden. Die „Personal Brand“ sei das A und O als Bewerber auf dem Weg zum neuen Arbeitsvertrag, heißt es. Wer sich selbst gut verkaufen könne, der soll angeblich keine Probleme mit Langzeitarbeitslosigkeit haben. Das mag in einigen Fällen und Branchen durchaus zutreffen, keine Frage. Doch Selbstmarketing ist längst nicht alles. Es ist nicht der einzig wahre und garantierte Schlüssel zum Erfolg. Für die einen mag das eine gute Nachricht sein, für die anderen eine schlechte. So oder so drängt sich die Frage auf: Wenn es bei der Jobsuche nicht (nur) auf das richtige Selbstmarketing ankommt – worauf dann? Die Antwort lautet: Intuition.
Exkurs: Die Studien der Ilana Gershon
Intuition ist ein Wort, das die meisten Menschen nicht mit dem Recruiting-Prozess in Verbindung bringen würden und wenn, dann definitiv eher auf der Arbeitgeberseite. Doch die US-amerikanische Anthropologin Ilana Gershon sieht das anders und führte in den Jahren 2013 und 2014 eine Studie an der Indiana University durch. Über ihre überraschenden Erkenntnisse verfasste sie anschließend ein Buch mit dem Titel „Down and Out in the New Economy: How People Find (or Don’t Find) Work Today“. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:
– Das Selbstmarketing spielt bei der Jobsuche nur eine untergeordnete Rolle.
– Ebenso verhält es sich mit jenen Personen im sozialen Netzwerk, die Sie nur geringfügig kennen.
– Wichtiger hingegen sind enge berufliche Kontakte im Sinne von ehemaligen Kollegen oder Vorgesetzten, die als Referenzen zur Verfügung stehen.
– Die Intuition kann bei der Jobsuche eine große Hilfe darstellen, bei der richtigen Entscheidung ebenso wie beim Aufbau eines gesunden Selbstbewusstseins.
Weiterhin kam Ilana Gershon zu der Erkenntnis, dass Recruiter ihrer Meinung nach erschreckend wenig Wert darauf legen, den Bewerber bei der Arbeit zu erleben und anhand dieses Eindrucks die richtige Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten zu treffen. Was aber haben diese Erkenntnisse miteinander zu tun – und mit dem Bauchgefühl?
Bewerber sollten mehr auf ihre Intuition hören – und Recruiter ebenso
Zwar lassen sich Studien aus den USA nicht immer Eins zu eins auf die deutsche Arbeitswelt übertragen, doch geben diese Studienergebnisse auch für die Recruiting-Prozesse hierzulande wichtige Denkansätze. Modelle wie das Probearbeiten oder ein Assessment Center könnten in Zukunft an Bedeutung gewinnen, schließlich ermöglichen sie den Recruitern, den Bewerber bei seiner eigentlichen Tätigkeit zu beobachten – und anhand dieser Beobachtung auf ihr Bauchgefühl zu hören, um die richtige Entscheidung zu treffen. Andererseits liegt es auch an den Jobsuchenden, sich weniger von Ratschlägen wie „Achten Sie auf ein gutes Selbstmarketing“ leiten zu lassen, sondern mehr von ihrer Intuition. Dadurch werden sie selbstbewusster, authentischer und dementsprechend erfolgreicher – und auch ihnen erleichtert dieser Grundsatz die richtige Entscheidung für oder gegen ein Jobangebot. Klingt kompliziert? Ist es eigentlich nicht, wenn Sie das Grundprinzip der Intuition verstanden haben.
Warum das Bauchgefühl mehr ist als „nur“ ein Gefühl
Der Erfolgsfaktor namens Intuition, auf welchen Ilana Gershon im Zuge ihrer Studie gestoßen ist, wird im Deutschen häufig auch als Bauchgefühl bezeichnet. Es gibt zudem das Sprichwort: „Entscheidungen aus dem Bauch heraus treffen.“ Und das ist gar keine so schlechte Idee, denn genau hier – im Bauch – sitzt die geballte Ladung Wissen sowie Erfahrung. Das, was wir Menschen als dumpfes „Bauchgefühl“ wahrnehmen, besteht in Realität aus rund 100 bis 200 Millionen Nervenzellen im „Bauchhirn“. Hier, zwischen „Schmetterlingen im Bauch“, „Angst im Bauch“ und „Stress, der auf den Magen schlägt“, pulsiert also tatsächlich eine Art zweites Gehirn, welches pro Sekunde mehrere Millionen Informationen verarbeitet. Nur rund 0,1 Prozent davon dringend allerdings in das Bewusstsein. Die Intuition könnte daher als die Sammlung allen unbewussten Wissens sowie all Ihrer bisherigen Erfahrungen bezeichnet werden. Und dieses „Bauchhirn“ steuert Ihr Handeln und Fühlen ebenso stark wie das Gehirn selbst. Auch, wenn es in unserer Gesellschaft immer wieder ins Lächerliche gezogen wird, wenn ein Mensch seiner Intuition folgt, ist das eigentlich nicht nur bei der Jobsuche eine schlaue Devise. Was Sie schlussendlich als vages Bauchgefühl wahrnehmen, ist nämlich das Ergebnis hocheffizienter Berechnungen, Zusammenfassungen und Assoziationen Ihres Gehirns, des „Bauchhirns“ sowie derer Kooperation.
Was hat die Intuition mit der Jobsuche zu tun?
Um auf das eigentliche Thema zurückzukommen, bedeutet das: Wenn Sie als Bewerber bei einem Arbeitgeber, sei es im Vorstellungsgespräch, beim Probearbeiten oder am ersten Arbeitstag, ein mieses Bauchgefühl haben, sollten Sie auf Ihre Intuition hören. Ebenso bei positiven Emotionen: Sie haben das Gefühl, sich auf diese oder jene Stellenanzeige unbedingt bewerben zu müssen? Dann los! Selbiges gilt für Recruiter: Ein Lebenslauf mag noch so überzeugend sein, doch wenn Sie beim Kennenlernen oder Beobachten des Bewerbers beim Probearbeiten ein schlechtes Bauchgefühl haben, lassen Sie Vorsicht walten. Grundsätzlich gilt: Je mehr Vorwissen und Erfahrung eine Person besitzt, umso mehr sollte sie auf ihre Intuition vertrauen. Am besten ist es, Sie nehmen Ihr Bauchgefühl bewusst wahr und versuchen, die Gründe für dessen positive oder negative Ausprägung herauszufinden. Wie so oft, liegt der goldene Weg also in der Mitte – zwischen Kopf und Bauch.
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