Der Weg unserer Fußball-Nationalmannschaft in den letzten 10 Jahren zeigt eindrucksvoll, wie steinig und lang eine Strecke zum Erfolg sein kann. Statt dickköpfig die gleichen Fehler immer wieder zu machen, um schließlich frustriert aufzugeben, können wir aus Stürzen oft das meiste lernen.
Und wenn wir über „Lernen“ sprechen, dann ist Jogi Löw, der aktuelle Trainer, besser Coach, unserer Nationalmannschaft das beste Beispiel. Der mit modernen Führungsprinzipien als Vorbild nicht nur für seine Kollegen „auf dem Platz“ gelten kann, sondern auch für viele Führungskräfte im Büro und natürlich ganz speziell für seine Kollegen im Coaching. Jogi weiß anscheinend ganz genau, dass es gerade bei der heutigen Generation von jungen Menschen weniger auf das althergebrachte Führungsprinzip von Kommandieren, Kontrollieren und Korrigieren ankommt, sondern mehr auf Kommunizieren, Kooperieren und Koordinieren. Oder, wie es Jogi Löw auch ausgedrückt hat: „Ich muss in die Köpfe der Spieler kommen.“
Talente wachsen an Herausforderungen
Beim Sieg unserer Mannschaft im Confed-Cup in Russland konnten wir wieder ein Lehrbeispiel verfolgen, wie Talente an herausfordernde Aufgaben herangeführt werden und welche Prinzipien bei deren Coaching gelten. Und da es bei Coaching, Teambildung und Teamführung immer um Menschen geht, gelten diese Prinzipien überall. Egal, ob diese Menschen kurze Hosen und Stollenschuhe tragen, oder Business Outfit und High Heels.
„Geben Sie Ihren Mitarbeitern genau die Arbeit, bei der sie ihre Fähigkeiten voll ausschöpfen können.“
„Geben Sie ihnen dabei alle notwendigen Informationen und erläutern sie ihnen klipp und klar, was es zu erreichen gibt. Und dann – lassen Sie sie in Ruhe!“ Diese Empfehlung von Robert Waterman (Amerikanischer Unternehmensberater) sollte sich jeder vor Augen halten. Klare Zuordnung von Aufgaben und Verantwortungen auf Basis der Stärken der einzelnen „Spieler“, gibt speziell jungen Talenten Sicherheit und den benötigten Spielraum zum Entfalten ihres Potentials. Vom Einfachen zum Schwierigen heißt hier die Devise, egal für welche Aufgabe. Den Leistungsstand der „Spieler“ überprüfen und bei Bedarf (z.B. bei neuen, anspruchsvollen Herausforderungen) entsprechende Hilfestellungen und Unterstützung anbieten. Und dann: Üben lassen und testen, ob sie den gestellten Aufgaben und Erwartungen gewachsen sind. Die jeweilige Führungskraft ist bei dieser Zusammenarbeit mehr als Coach und weniger als Vorgesetzter alter Prägung gefragt. Dabei sind das Schaffen von optimalen Arbeits- und Umgebungsbedingen, das Bereitstellen von benötigten Ressourcen und das Definieren von Schnittstellen zwischen einzelnen „Spielern“ und Teams viel entscheidender, als das Erteilen von Anweisungen und deren Überwachung.
„Das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man jeden Tag daran zieht.“
Ohne experimentierfreudige Youngsters, die neue und innovative Methoden einbringen, verharrt ein Team oft im Gewohnten und versandet im Mittelmaß. Für die Unternehmen bedeutet dies ganz besonders, dass neben dem Halten von Leistungsträgern, die Suche nach Talenten immer wichtiger wird. Auch wegen des demographischen Wandels, der die gewohnte Alterspyramide auf den Kopf stellt. Um diese Talente dann auch zu halten, spielen eine empathische und wertschätzende Führung genauso eine wichtige Rolle, wie das Gewähren von Freiräumen und eine entsprechende Geduld.
Kluge Führungskräfte wissen, dass junge Menschen zwar gefordert werden wollen, aber dass sie diese auch bei Bedarf schützen müssen, gerade nach entsprechenden Misserfolgen. Das erreichte Ergebnis sollte sorgsam analysiert und dabei gemachte Fehler sachlich und vertraulich angesprochen werden. Das Aufzeigen von Wegen zu Verbesserungen gehört dabei genauso dazu, wie das Einräumen von Chancen zur erneuten Bewährung, zum Hinzulernen und zum Sammeln von neuen Erfahrungen.
Geduld wird sich auszahlen
Einen anderen Weg als den beschriebenen gibt es nicht, gerade um hoch talentierte und ausgebildete Nachwuchskräfte im eigenen Team zu halten und nicht an den Wettbewerb zu verlieren. Langfristig werden sich diese Geduld und das eingesetzte Vertrauen aber im wahrsten Sinne des Wortes auszahlen. Durch größeres Verantwortungsbewusstsein, größeren Einsatz und schlussendlich durch den sich einsetzenden Erfolg für alle Beteiligten.
Diese Führungsprinzipien scheinen tatsächlich das Geheimnis für den Erfolg einer Mannschaft zu sein, besonders für die Entwicklung von Talenten. Aber am Schluss entscheidet dann oft nicht die Aufstellung, sondern mehr die Einstellung. Oder wie es Fußball-Legende Pele sagen würde: „Erfolg ist kein Zufall. Er kommt zu uns durch harte Arbeit, Ausdauer, Lernen, Aufopferung und vor allem Liebe zu dem, was wir tun, oder lernen.“ Auch deswegen sind wir schon gespannt auf die WM im nächsten Jahr. Auch darauf, wem Jogi aus dem Sieger-Team in Russland sein Vertrauen schenkt. Oder wen er aus der parallel erfolgreichen U21-Europameisterschaft in seinen Kader beruft.