Sie stehen vor einem Jobwechsel, sind aber noch einige Zeit im alten Job? Genau jetzt ist die perfekte Gelegenheit, an Ihren kleinen Schwächen zu arbeiten und so optimal in den neuen Job zu starten. Wie das gelingt, erklärt Karriereberater Dr. Steven Goldner.
Denken Sie mal an Ihre kleinen Schwächen. Zu welchem eigenen Ärger der letzten Wochen und Monate haben Sie selbst etwas beigetragen? Überlaufende Mailbox, immer wieder der gleiche Zoff mit Ihrer Chefin, Ungeduld mit Kollegen? Falls Sie bei sich ein noch so kleines Verbesserungspotenzial entdecken, sollten Sie die Zeit vor dem Wechsel nutzen um erfolgreicher und selbstbewusster in den neuen Job starten zu können.
Ihr 1. Schritt: Was wollen Sie besser können?
Welche Situation möchten Sie angenehmer gestalten?
Was nervt Sie an Ihrem eigenen Verhalten?
Was misslingt Ihnen immer wieder?
Beispiele:
– zu viele Überstunden angehäuft
– Mailbox läuft über
– “andere überzeugen die Chefin, ich nicht”
– zu selten “nein” sagen
– mit einem Kollegen Ärger haben
– Konflikt eskaliert
– in Meetings zu zurückhaltend sein
Machen Sie sich eine Liste, welche drei Themen möchten Sie anpacken?
Ihr 2. Schritt: Wie können Sie besser werden?
Gute Vorsätze zu Silvester bringen nix. Es gibt bessere Möglichkeiten für Sie. Suchen Sie sich kompetente Ansprechpartner, die Ihnen bei der Problemlösung helfen können.
Beispiele:
– eine Vertrauensperson in der Firma
– eine Vertrauensperson im Privatleben
– eine Weiterbildung
– ein (Hör-) Buch
– ein Coach
Je nach Thema und verfügbaren Möglichkeiten können Sie aus dieser Liste wählen. Sympathie und Vertrauen helfen dabei, die “passende” Stimme zu finden. Zusätzlich brauchen Sie noch etwas: Nämlich anschauliche und überzeugende Beispiele! Glaubensätze (“Ich bin überzeugt ….”) oder Theorien (“Führende Experten sagen ….”) sollten Sie hingegen skeptisch machen. Wenn Sie etwas überzeugend finden, kommt die nächste Frage: Passt die Lösung zu Ihnen? Ist sie zumindest einen Versuch wert?
Ihr 3. Schritt: Neues Verhalten ohne Risiko probieren
Im bisherigen Job können Sie neue Dinge mit deutlich weniger Risiko ausprobieren, als im neuen Job. Sie vermeiden frühere Fehler. Sie beseitigen ein Defizit. Das, was klappt, macht Sie für den Wechsel attraktiver. Das, was nicht klappt, können Sie für sich abhaken. Mit dem neu erlernten Wissen und optimierten Verhalten kommen Sie im neuen Job noch besser an.
Praxisbeispiel 1: Florian Fix schafft es meist gut, Sachen schnell zu erledigen. Sein wunder Punkt sind die eingehenden Mails. Schriftliche Antworten liegen ihm weniger als das Gespräch. Manchmal nimmt er sich Zeit, den Rückstand zu verringern. Nach wenigen Tagen hinkt er wieder hinterher. Der größte Berg erwartet ihn nach dem Urlaub. Florian kennt sich gut aus mit Umfragen. Er startet damit, 13 Leute im Unternehmen zu fragen: “Wie komme ich besser klar mit meiner Mail-Lawine?” Er bekommt sieben Antworten. Drei davon gefallen ihm:
1. Mails, die älter als drei Tage sind, in das Archiv schieben. Kaum jemand wird nachfragen. Falls doch: “Habe ich übersehen. Mache ich gleich.”
2. Einfache Mails in zwei Minuten mit Twitter-Stil beantworten.
3. In CC erhaltene Mails ungelesen in das Archiv schieben.
Florian nimmt sich vor, diese Tipps für eine Woche zu probieren. Er stellt fest: 1. und 2. klappen sofort. Bei 3. definiert er Ausnahmen. Die CC-Mails seiner Chefin liest er wieder. Jetzt geht er abends heim und hat nur wenige Mails übrig.
Praxisbeispiel 2: Paula Pokal erreicht bei ihren Kunden knapp die Jahresziele. Zum Jahresende wechselt sie zu einer anderen Tochterfirma des Konzerns. Dort weht der Wind heftiger. Sie will besser werden. Sie analysiert die Umsätze und findet keinen Ansatzpunkt. Ihre Chefin verfügt über pfiffige Ideen. Hier fällt ihr nichts ein. Sie bewilligt Paula ein paar Coaching-Stunden. Der Coach geht mit ihr die Stationen durch, die zum Aufbauen der Kunden-Beziehung gehören. Er lässt Paula im Rollenspiel zeigen, wie sie es macht. Ihm fällt auf, dass es häufig bei Frauen holprig läuft. Beim aktuellsten Beispiel dazu bittet er Paula, den anfänglichen Dialog Wort für Wort darzustellen. Paula erkennt selbst: Manchen Frauen begegnet sie mit wenig Wertschätzung, teilweise diskriminierend. Sie reagiert zunächst verwundert, dann beschämt. Schließlich freut sich Paula: “Jetzt hab ich den Ansatz!” Heute macht sie mit Frauen genau so viel Umsatz, wie mit Männern.