Spannungen im Team sind nicht nur frustrierend, sondern können zu starker Behinderung der Abläufe führen, Termineinhaltung erschweren oder das angestrebte Ergebnis gar unmöglich machen. Vor allem Führungskräfte müssen einen souveränen Umgang mit dem Frust beweisen. Wie das gelingt, erklärt Business-Coach Wolf-Dietrich Groß.
Gute Führungskräfte praktizieren einen geschmeidigen Umgang mit Frustrationen. Zuerst muss die Führungskraft eigenes Genervt-Sein unter Kontrolle halten können. Gelassenheit ist hilfreich, Vorbild zu sein aber nicht immer leicht. „Ich habe es meinem Mitarbeiter jetzt dreimal gesagt, aber er macht es nicht“, brachte es kürzlich ein frustrierter Teamleiter in einem meiner Workshops auf den Punkt. Nun sei wohl eine Abmahnung fällig, darin stimmten alle Teilnehmer überein. Für den Chef war es unangenehm, als ich ihn mit seiner eigenen Hilflosigkeit konfrontierte.
Raus aus der Hilflosigkeit
Offenbar fehlte ein ernsthaftes Gespräch mit dem Mitarbeiter, um herauszufinden, woran die Umsetzung bisher gescheitert war: Missverständnis, als sinnlos empfundene Maßnahme, fehlender Respekt, mangelnde Motivation, Überforderung, Angst zu versagen oder Resignation des Mitarbeiters – erst einmal ist in dieser Situation Ursachenforschung sinnvoll. Chefs können es sich heute weniger denn je leisten, Nicht-Performer im Boot zu haben. Zudem führen derartige Frustsituationen leicht zu atmosphärischen Störungen im gesamten Team. Allerdings sollten die üblichen Reaktionen – lautstarke Ansage oder Abmahnung – nur allerletztes Mittel sein, da diese wenig motivierend sind und das Problem nicht lösen.
„Aber ich habe alles versucht, den Mitarbeiter in die Spur zu kriegen“, empört sich der Teamleiter. Daran hatte ich erhebliche Zweifel. Wie wäre es, wenn er dem Mitarbeiter seine Ratlosigkeit offenbarte, um mit ihm doch noch ins Gespräch zu kommen? Nein, das könne er sich als Führungskraft nicht leisten. Dabei wäre es doch gar nicht so schwer, seinen Mitarbeiter zu fragen: „Was würden Sie an meiner Stelle jetzt tun? Ich bin ratlos. Was müsste ich tun, um Sie zu erreichen? Was wünschen Sie sich?“ Nach landläufiger Meinung dürfen sich Chefs aber nicht rat- und hilflos zeigen. Doch das ist ein behinderndes Stärke-Bild aus vergangenen Tagen und erschwert das Führen im Beruf.
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Die Aufgabe besteht demnach darin, die eigene Hilflosigkeit zu erkennen und abzubauen, um wieder aktionsfähig zu werden. Sport, Hobbies, Gespräche, Musik, Lesen oder Yoga sind gute Möglichkeiten, um mit der eigenen Frustration umzugehen – doch sie wirken nur punktuell und bekämpfen das Problem nicht an der Wurzel.
Daher braucht es vor allem eine emotionale Mitteilung an den Verursacher der Frustration. Hier fängt für viele Führungskräfte das persönliche Dilemma an, denn Emotionen gehören vermeintlich nicht an den Arbeitsplatz. Dass dies ein fataler Gedanke ist, zeigt der Alltag in Konfliktsituationen immer dann, wenn Argumente auf Gefühle stoßen und die Unvereinbarkeit durch mangelndes Einvernehmen deutlich wird. Dem Mitarbeiter sein eigenes Gefühl als Irritation, Enttäuschung oder Hilflosigkeit mitzuteilen, hat etwas Befreiendes, signalisiert Souveränität, ohne deshalb die Chefposition in Frage zu stellen. Wenn die Zusammenarbeit im Team menschlich wird, kann Vertrauen wachsen. Der Führung erwächst so eine weitere wertvolle Gestaltungs-Ebene, die emotionale Dimension. Und der Chef wird zum positiven Vorbild. Emotionale Nähe tut gut und hilft beiden Seiten, Frustration in verkraftbare Bahnen zu lenken, abzubauen und in konstruktivem Kontakt mit sich selbst und anderen zu bleiben.
Tipps gegen akute Frustration
Sich die eigene Frustration bewusst machen
– Mit vertrauten Menschen darüber sprechen
– Punktuelle Entlastung durch Sport oder andere Aktivitäten suchen
– Frust-Kompensation vermeiden
– Die Denkfalle „Ich darf nicht emotional sein“ durch einen Erlaubnis-Gedanken ersetzen
– Eine emotionale Mitteilung dem Verursacher gegenüber deutlich machen
– Dem konkreten Gefühl mutig Ausdruck verleihen