So integrieren Führungskräfte hochsensible Mitarbeiter am besten ins Team

Bis zu 20 Prozent der Bevölkerung gelten als hochsensibel. Wahrscheinlich befinden sich auch in Ihrem Unternehmen hochsensible Mitarbeiter. Die Arbeitswelt stellt für diese Menschen eine besondere Herausforderung dar. Ihre Gabe bietet aber auch unerkannte Ressourcen. Erfahren Sie im folgenden Interview mit Ilona Kofler, Coach für Hochsensibilität in Berlin mehr über die Bedeutung des Phänomens am Arbeitsplatz.

XING Coaches: Woran erkenne ich eine hochsensible Person in meinem Team?

Ilona Kofler: Ein hochsensibler Mitarbeiter ist in den meisten Fällen introvertiert oder wirkt schüchtern. Er denkt nach, bevor er sich äußert. Er ist meist schneller überfordert und nicht so stressresistent und belastbar wie ein normal sensibler Mitarbeiter. Hochsensible können mit Veränderungen und Umstrukturierungen schnell überfordert sein. Sie können sich unwohl fühlen, wenn spontane Änderungen auftreten oder neue Aufgaben an sie herangetragen werden. Hochsensiblen fällt es oft schwer, ihre Belastungsgrenzen zu kennen und zu achten. Sie werden in ihren Arbeitsabläufen ungern gestört oder beobachtet. Fairness und Gerechtigkeit sind ihnen sehr wichtig. Da ihnen Zugehörigkeit viel bedeutet sind sie gewissenhafter, verantwortungsvoller, brillieren in der Zusammenarbeit und sind oftmals die „Seele des Unternehmens“.

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XING Coaches: Wie sollte ich als Führungskraft mit hochsensiblen Mitarbeitern umgehen?

Ilona Kofler: Respektieren Sie sein Tempo, hetzen Sie ihn nicht, setzen Sie ihn nicht unter Druck. Seien Sie ehrlich und authentisch. Sprechen Sie Dinge an. Ein Hochsensibler wird Sie ohnehin durchschauen. Nehmen Sie seine Bedürfnisse ernst und achten Sie seine Begabung. So gewinnen Sie einen empathischen Kern für jede Gruppe, einen Ausbund an sozialer Kompetenz und einen Ansprechpartner für Ihre Kunden, an den er sich stets gern wieder wenden wird.

XING Coaches: Worin unterscheiden sich Arbeits- und Denkweisen konkret?

Ilona Kofler: Ein hochsensibler Mitarbeiter arbeitet gründlich, fokussiert und reflektiert. Soll er seine Aufmerksamkeit auf mehrere Dinge gleichzeitig lenken, ist er schneller überreizt. Durch seine Hochsensibilität nimmt er sehr viel mehr Reize auf und Details wahr, die anderen verborgen bleiben. Er ist empfindsamer und einfühlsamer im Umgang mit Kunden, Klienten, Arbeitgebern und Kollegen. Ein Hochsensibler muss mit einer Unmenge von Informationen und Reizen fertig werden. Das erfordert Zeit und Energie, ermöglicht aber gleichzeitig auch die Aufnahme der kleinsten Details und Nuancen. Zugluft, Klimaanlagen, Elektrosmog oder negative Stimmungen können deshalb für einen Hochsensiblen enorme Störfaktoren darstellen; die geringfügigsten Variationen in der Körpersprache des Kollegen oder Kunden ermöglichen es auf Bedürfnisse einzugehen. Hochsensible Personen haben ein feines Gespür für nicht Ausgesprochenes und Verstecktes und mitunter auch für nicht ausgetragene und unterschwellige Spannungen und Konflikte. So kann ein hochsensibler Mitarbeiter ein Gradmesser für die Stimmungen und Befindlichkeiten der Einzelnen im Team sein.

XING Coaches: Welche Probleme können neben den genannten Störfaktoren noch entstehen und wie kann man sie lösen?

Ilona Kofler: Das sich unterscheidende Arbeitstempo sowie die abweichenden Denk- und Arbeitsweisen können zu Konflikten und Spannungen führen. Hierbei ist eine klare und offene Kommunikation über verschiedene Bedürfnisse angebracht. Teamgespräche können beispielsweise häufiger durchgeführt werden. Belastungen durch Lärm, Gerüche oder zu große körperliche Nähe erfordern Respekt und Toleranz von beiden Seiten. Außerdem können mehr Pausen im Arbeitsablauf oder Rückzugsorte dem Hochsensiblen Mitarbeiter helfen.

XING Coaches:  Wie kann ich das Miteinander im Team zwischen hoch- und normal sensiblen Mitarbeitern fördern?

Ilona Kofler: Fördern Sie offene, klare Gespräche. Schaffen Sie ein Klima der gegenseitigen Empathie. Bieten Sie Fortbildungsmöglichkeiten und Coaching an, die das Verstehen und den Umgang mit Hochsensitivität zum Thema haben. Verteilen Sie Aufgaben nach Stärken und Talenten, um das Miteinander für den Einzelnen befriedigender zu gestalten. Stellen Sie die positiven Aspekte der hochsensiblen Kollegen heraus, um sie als den Gewinn erkennbar zu machen, die sie sind.

XING Coaches: Was ist der schlimmste Fehler, den man machen kann?

Ilona Kofler: Der schlimmste Fehler, den Sie als Führungskraft einer hochsensiblen Person machen können, ist seine Eigenschaften und Bedürfnisse nicht ernst zu nehmen.

XING Coaches: Welchen Satz sollte man nie zu einer hochsensiblen Person sagen?

Ilona Kofler: „Stell Dich nicht so an und sei nicht so empfindlich.“

XING Coaches: Welchen Satz sollte man nie über eine hochsensible Person sagen?

Ilona Kofler: „So empfindlich, wie der/ die  ist, kann ich ihm/ ihr das nicht anvertrauen.“

 

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