Jobbörsen durchforsten, Headhunter auf sich aufmerksam machen oder doch lieber auf Empfehlungen setzen? Wer eine neue Stelle sucht, kann heute über viele Wege zum Traumjob kommen. Doch wie geht man angesichts der vielen Möglichkeiten am Besten vor? Die Karriereberaterin Christina Kock gibt Tipps, wie man seinem Traumjob findet.
XING Coaches: Frau Kock, wo finde ich meinen Traumjob?
Christina Kock: Da gibt heute es sehr viele Möglichkeiten. Ich schaue in meinen Beratungen auf vier Vermarktungskanäle: der offene Arbeitsmarkt, das eigene Netzwerk, der verdeckte Arbeitsmarkt und der latente Arbeitsmarkt. Jeder dieser Kanäle kann zum Traumberuf führen.
XING Coaches: Was gibt es beim offenen Arbeitsmarkt zu beachten?
Christina Kock: Beim offenen Arbeitsmarkt sollte ich die relevanten Jobbörsen kennen, auf denen Arbeitgeber ihre Anzeigen schalten. Daneben gibt es Meta-Suchmaschinen, kostenlose und kostenpflichtige. Dort finden Sie viele Anzeigen, die auf anderen Plattformen ursprünglich veröffentlicht wurden, aber auch offene Stellen von Homepages der Unternehmen und Personalberater. Allerdings sind ein Großteil davon nur Werbeplattformen, auf denen Sie immer wieder die gleichen Anzeigen finden. Generell gilt: Lieber ein paar Jobs doppelt sehen, als dass mir welche durch die Lappen gehen.
XING Coaches: Was ist Ihr Geheimtipp für eine erfolgreiche Suche nach dem Traumjob bei diesen Angeboten?
Christina Kock: Es klingt vielleicht banal, aber häufig wird den Suchbegriffen, mit denen nach Jobs gesucht wird, nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. Im offenen Arbeitsmarkt ist wichtig zu wissen, nach welchen Begriffen ich auf den Plattformen suchen muss. Aus meinem eigenen Berufsbild sollte ich mindestens zwei oder drei unterschiedliche Suchbegriffe verwenden und entsprechende Suchagenten hinterlegen. Wenn ich aus dem Vertrieb komme, sollte ich einen Suchagenten haben mit „Vertrieb“ und einen mit „Sales“. Warum? Weil wir nicht wissen, welche Formulierung der Arbeitgeber verwendet. Es gibt Jobbörsen, die verarbeiten das automatisch. Darauf sollte ich mich aber nicht verlassen.
XING Coaches: Viele Jobs werden über Kontakte vergeben, wie kann ich diesen Weg aktiv gehen?
Christina Kock: Jeder hat in seinem privaten oder beruflichen Umfeld Menschen, die in ihrem Netzwerk Entscheider haben. Ich muss mir überlegen, wen kenne ich aktuell oder von früher, zu wem habe ich Vertrauen und wer wäre bereit, mein Fürsprecher zu sein. Dann muss ich diese Personen im Business-Kontext ansprechen und sagen: „Haben Sie Zeit, sich mit mir auf einen Kaffee zu treffen? Ich würde Sie gerne über meine aktuellen beruflichen Pläne informieren.“ Meine Erfahrung ist, dass mehr Hilfsbereitschaft vorhanden ist, als viele vermuten. Immerhin könnte jeder in die gleiche Situation kommen.
XING Coaches: Und was hat es mit dem verdeckten Arbeitsmarkt auf sich?
Christina Kock: Bis zu 70 Prozent aller offenen Stellen sollen gar nicht veröffentlicht werden. Aber sie werden trotzdem besetzt. Über Netzwerken erreiche ich schon einen Teil der Stellen, die im offenen Arbeitsmarkt nicht auftauchen. Es gibt bereits Arbeitgeber, die bezahlen ihren Mitarbeitern Provisionen dafür, dass sie neue Mitarbeiter empfehlen. Wir reden nicht nur von den Führungspositionen, sondern von allen Positionen. Je höher aber die Hierarchie-Ebene, desto seltener wird die Stelle natürlich extern ausgeschrieben. Da kommen Headhunter und Initiativbewerbungen ins Spiel.
XING Coaches: Wie werde ich denn von Headhuntern gefunden?
Christina Kock: Hier spielt mittlerweile XING und XING ProJobs eine bedeutende Rolle: Ich kann Personalberatern und Unternehmen signalisieren, dass ich aktiv auf der Suche nach einem neuen Job bin oder zumindest offen für eine Veränderung. Das heißt, ich kann als Kandidat ziemlich deutlich zum Ausdruck bringen: „Please call me.“ Der gemeine Personalberater oder das Unternehmen wendet sich tendenziell eher an Menschen, die sowieso bereit sind, sich zu verändern. Ich kann das so aussteuern, dass mein eigener Arbeitgeber das auf keinen Fall mitbekommt.
XING Coaches: Sie haben auch den latenten Arbeitsmarkt genannt, was steckt dahinter?
Christina Kock: Das ist eine Komponente des verdeckten Arbeitsmarktes: Stellen, die es noch gar nicht gibt. An die komme ich, wenn ich mich mit exzellenten Unterlagen dem Unternehmen empfehle. Der Entscheider muss sofort erkennen, welchen Beitrag ich für den zukünftigen Unternehmenserfolg leisten kann und welche Stärken ich einbringe. Aber um diese Stellen zu erwischen, muss ich viele Unternehmen kontaktieren. Das ist fast wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.
XING Coaches: Das klingt ziemlich aufwändig.
Christina Kock: Ja, das ist es. Wer über den latenten Arbeitsmarkt einen neuen Job finden will, braucht in der Regel zwischen 150 und 200 Initiativbewerbungen. Das hat aber den Vorteil, dass ich meine zukünftige Stelle von Anfang an und damit meinen Traumjob mitgestalten kann.
XING Coaches: Können Sie ein Fazit ziehen, welcher der beste Weg zum Traumjob ist?
Christina Kock: Die Traumstelle zu finden ist heute eine Wissenschaft. Früher habe ich mir meine lokale Tageszeitung gekauft und mich auf passende, dort veröffentlichte Stellen beworben. Heute habe ich 1.500 Jobbörsen, Google, Bezahl- und kostenlose Plattformen. Ich habe einen offenen, verdeckten und latenten Arbeitsmarkt. Es gibt sehr, sehr viele Chancen, die ich nutzen kann – aber es ist richtig Arbeit. Wenn Sie sich beruflich verändern möchten, sollten Sie in der Woche sechs bis acht Stunden Zeit investieren. Dann können Sie sämtliche Potenziale nutzen.
Autor: Christina Kock
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