«Ohne Fleiss kein Preis!», «Nur die harten kommen in den Garten!, «Steter Tropfen hölt den Stein!».
Sprüche oder besser gesagt Floskeln, die beim Thema Neukunden- oder respektive Kaltakquise regelmässig fallen und teilweise sogar als unabdingbare Verkäuferweisheiten gelten. Schaut man dann aber in die Gesichter der Verkaufsmannschaft, die soeben dazu erkoren wurde, Ihre Neukundenakquisefrequenz um 35% zu erhöhen, erkennt man ungefähr dieselbe Begeisterung wie die von Schlachtvieh, welches gerade seinen letzten Gang antritt.
Ich weiss nicht mehr wie oft ich in meiner 13-jährigen Vertriebskarriere diesen «letzten Gang» selber schon antreten durfte. Es war jedesmal eine Gratwanderung zwischen Ansporn und Resignation. Und als ich, genau nach einer solchen «Ehrung», darüber nachdachte wie ich denn meine Gesprächsführung für die nächsten Akquisetelefonate nochmalig verbessern konnte, kamen mir die Worte von Einstein in den Sinn: «Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleich zu tun und dabei andere Ergebnisse zu erwarten!» Wo aber lag der Fehler im System?
Verstehen Sie mich nicht falsch, fast jede Firma braucht neue Kunden um zu überleben oder zu wachsen. Gerade Start-Up Unternehmen, Neueinsteiger etc. Die Frage stellt sich jedoch: Zu welchem Preis? Und ist die 90er Jahre Methode der «Hardselling-Telefonatemarathone» effektiv die richtige Strategie? Gibt es andere Methoden um die Umsätze, und noch viel wichtiger, die Margen zu steigern? Meine Erfahrung zeigt: Ja! Und zwar eine ganze ganze Menge! Abgeleitet von diesen effektiveren Methoden, die 3 Gründe, warum Nekunden- und insbesondere Kaltakquise in den meisten Fällen vollkommene Ressourcenverschwendung sind:
1. Ungefähr so beliebt wie Umzugskartons schleppen
Die telefonische oder auch persönliche Kaltakquise steht bei ausnahmslos jeder Umfrage im Vertriebsumfeld abgeschlagen an letzten Stelle der Beliebtheitsskala! Sieht also verdächtig nach einem systematischen Problem aus. Und diese ist auch klar festzumachen: Nicht jeder Verkäufertyp ist mit einer genügend hohen Resilienz (physiche Widerstandsfähigkeit) ausgestattet. Genau genommen sind nur ca. 22% aller Verkäufer, sogenannte Hunter, aslo Jägertyper, die Freude an Kaltakquise verspüren. Die restlichen 78% (Hybrid- und Farmertypen) bleiben langfristig auf der Strecke. Die Folgen sind allseits bekannt: Hohe Personalfluktuation, stagnierende Umsätze und mittlemässige Kundenzufriedenheit.
2. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?
Die Kaltaquise als Allerheilmittel für Wachstum und Umsatzsteigerung anzupreisen ist schlicht fahrlässig. Sollten Sie nicht gerade volkommen neu am Markt sein, besitzen Sie ja bereits erste Kunden. Was denken Sie, wieviele % des Potenzials dieser bestehenden Kunden nutzen Sie schon? Aktuellsten Umfragen zufolge sind es nur ziwschen 40 und 50%! Doch warum? Sie kennen doch den Kunden bereits und wissen ganz genau was er braucht. Und im Gegenzug kennt er Ihre Produkte ebenso!? Ein fataler Trugschluss! Wie bei Paarbeziehungen schleicht sich oft Alltagsroutine ein und dann wird das Glück, vermeintlich oft, bei einem neuen Partner gesucht. Fragen Sie dich deshalb: Wann habe Ich das letze Mal eine genaue Standortbestimmung mit meinen Bestandeskunden gemacht? Wann war die letzte lehrbuchartige Bedarfsanalyse? Wann habe ich das letzte Mal einen Up-oder Crosssell bei einem Stammkunden platziert?
3. Auf welcher Seite der Erfolgsformel stehen Sie?
In Zeiten des Fachkräftemangels, der sich im Vertrieb ja besonders schlimm zeigt, steht jeder Mitarbeiter in der Verantwortung, seine begrenzten Resourcen so gut wie möglich einzusetzten. Dabei sollten die Unternehmen den Rahmen möglichst präzise setzen. Wählen Sie also anstelle des Notrufes #112, lieber die magische Umsatznummer:
#137
Die 1 steht dabei für treue Bestandeskunden, man könnte sagen Fans. Die sind vollkommen zufrieden und kaufen, wenn immer möglich, nur bei Ihrem Unternehmen.
Die 3 steht für Schlummerkunden, Nicht-Mehr-Kunden oder ganz sporadische Kunden. Weshalb die 3? Wissenschaftliche Feldstudien zeigen, dass hier der Aufwand ungefähr dreimal so hoch ist, diese Kunden wieder zurück zu gewinnen oder zu Folgeaufträgen zu animieren.
Die 7 steht für die Neukunden. Den Studien zu Folge ist eine Neukundenakquise rund siebenmal ressourcenintensiver als die Betreuung von Stammkunden. Zumal sehr häufig Neukunden auch einfach «eingekauft» werden. Also rein preistechnisch «überzeugt» von Ihrem Unternehmen sind. Also eine Teufelsspirale, die bei unvorsichtiger Vorgehensweise, zusätzlich den ein oder anderen Stammkunden kosten wird. Denn Kunden sind oftmals sehr eng untereinander verbunden und tauschen sich teilweise offen über ihre Einkaufskonditionen aus. Kommen dann die unterschiedlichen Konditionen und Ihre «Dumpingstrategie» bei Neukunden ans Tageslicht, droht weiteres Unheil!
Der Schlüssel liegt also, entgegen vieler Konzepte und Strategien, auf der linken Seite der Formel. Exklusiver Kundenservice, das Nutzen des vollen Potenzial Ihrer Kunden und der effiziente Einsatz Ihrer eigenen Ressourcen sind absolut vordergründig.
Die Neukundengewinnung und/oder die Kaltakquise sind keineswegs aus dem Strategierepertoire wegzudenken oder gar zu verteufeln. Es ist jedoch immer eine gesunde Skepsis angebracht. Effektivere & Effizientere Methoden wie Kundenpotenzialanalyse, Weiterempfehlungen und eine gründliche Suche auf dem Friedhof der Karteileichen (Schlummerkunden), sind dem eingangs erwähnten «letzten Gang» meist vorzuziehen. Die meisten Ihrer Verkäufer werden es Ihnen mit besseren Umsätzen, höheren Margen und einer spitzenmässigen Kundenzufriedenheit danken!