Woran denken Sie, wenn Sie das Wort „Achtsamkeit” hören? Fallen Ihnen Begriffe wie Meditation, Bewusstseinszustand, Buddhismus oder Psychologie ein? Wenn von Achtsamkeit die Rede ist, geht die Diskussion oft in Richtung Esoterik. Dabei kann und ist Achtsamkeit so viel mehr – gerade im Businessalltag.
Führungskräfte befinden sich in einer Sandwichposition. Auf der einen Seite tragen sie die Verantwortung für positive Ergebnisse und den Erfolg eines Projektes. Dies erreichen sie nur mit Hilfe anderer Menschen, wie Kollegen, Mitarbeiter, Vorgesetzten oder Kunden. Parallel dazu müssen sie die entsprechenden Partner für sich und die Sache gewinnen, entsprechend führen und leiten. Mit jedem müssen sie einen konstruktiven Dialog führen und eine Umgebung kreieren, in der vor allem ihre Mitarbeiter oder Dienstleister motiviert und zielorientiert arbeiten und sich wohlfühlen. Diese Aufgabe ist komplex, erfordert in jedem Moment eine neue Einschätzung, ein aktives Handeln, eine richtige Entscheidung. Für all das bleibt immer weniger Zeit in einer globalen Wirtschaft, in der Geschwindigkeit gefühlt in Licht-Sekunden gemessen wird – Stress und Anspannung nehmen stetig zu.
Stress gar nicht erst entstehen lassen
Viele Führungskräfte versuchen, den erlebten Stress abzubauen. Oft in Form von extensiv betriebenem Sport wie Joggen, Mountainbiken oder Tennis – Hauptsache auspowern. Doch damit wird der entstandene Stress nur temporär abgebaut. Nachhaltiger ist es, dafür zu sorgen, dass Stress möglichst erst gar nicht entsteht. Wer wirklich etwas an seinem Stresspegel verändern will, muss seine automatischen Routinen im Denken, Fühlen und Handeln erkennen sowie reflektieren. Das ist nicht über den rationalen Verstand und Pragmatismus – mit dem wir meist im Alltagsbewusstsein sind – zu erreichen. Dazu braucht es Achtsamkeit.
Exkurs in die Achtsamkeit
Achtsamkeit ist ein Bewusstseinszustand, bei dem die Aufmerksamkeit bei sich selbst und bewusst auf das Umfeld gerichtet ist. Sie ist passiv, hellwach, offen, neugierig und untersucht wertfrei das Jetzt. Die meisten Menschen funktionieren im Alltagsbewusstsein routinemäßig, suchen nach Bestätigung für ihre Ansichten und mentalen Modelle. Sind wenig offen für Neues und reflektieren sich selbst eher selten. Achtsamkeit ist ein Weg, aus den „Alltagstrancen“, also jenen unbewussten, gewohnheitsmäßigen und automatischen Mustern, auszusteigen. Diese Alltagstrancen sind gewohnheitsmäßige Reaktionen auf Situationen oder Menschen, die unter anderem auch allzu oft zu Fehleinschätzungen und unangemessenen Verhaltensweisen verleiten.
So können Führungskräfte Achtsamkeit lernen
Die Methode der Achtsamkeit zu lernen, ist leicht. Sie können es überall tun. Zu Hause, im Büro, in der U-Bahn, im Park. Die üblichste Methode ist: Sie setzen oder legen sich hin und schließen die Augen. Dabei atmen Sie ruhig und tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Das Schließen der Augen hilft Ihnen, Ihre Aufmerksamkeit nach innen zu sich selbst zu richten. Danach richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Körper („Was kann ich von ihm spüren?“), Ihre Gefühle („In welcher Stimmung bin ich gerade?“), Ihre Gedanken (Das ist der wichtigste, für manche der schwierigste Teil. Denken Sie nicht, sondern seien Sie der Zeuge Ihrer Gedanken. Beobachten Sie, wie dauernd Gedanken kommen und lassen Sie sie wieder gehen).
Führungskräfte können erheblich davon profitieren, wenn sie das Prinzip der Achtsamkeit verstanden haben und bewusst anwenden. Durch das genaue Beobachten der eigenen inneren Vorgänge gelingt es mit der Zeit, Zusammenhänge zwischen äußeren Ereignissen (belastenden Situationen), dem eigenen Verhalten und den Auswirkung auf die Mitarbeiter darauf zu erkennen. Eigene Reaktionen lassen sich so in positiver Weise verändern. Achtsamkeit hilft, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und dabei auch zu entdecken, wie viele Menschen sich durchaus ähnlich sind und welche Muster es gibt. Dies ermöglicht den Führungskräften, sich auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern zu begeben und sie wertzuschätzen. Achtsamkeit kann ferner helfen, eine lückenhafte Wahrnehmung oder oberflächliche Interpretationen von Geschehnissen, Verhalten oder Abläufen zu bemerken und zu korrigieren. Eigene Theorien und Modelle werden zunehmend als solche erkannt und dadurch weniger für die „absolute Wahrheit“ gehalten. Das wiederum hilft Führungskräften, offener für die Interpretationen anderer Menschen zu werden.
Auf die Kleinigkeiten kommt es an
Sie brauchen kein Buch zu lesen, keinen Kurs besuchen. Mit einfachen Techniken können Sie sofort anfangen, die Achtsamkeit im Umgang mit Ihren Mitarbeitern zu üben: Gehen Sie auf Ihre Mitarbeiter ein. Kommunizieren Sie in der Ich-Form. Sprechen Sie Wünsche aus, anstatt Erwartungen. Fragen Sie Ihre Mitarbeiter nach deren Einschätzung. Schließen Sie Kompromisse. Begeben Sie sich auf Augenhöhe mit Ihren Mitarbeitern. Zeigen Sie Interesse und Anerkennung für deren Arbeit. Finden Sie gemeinsam Lösungen für die Bewältigung von Problemen.