Die Digitalisierung hält aktuell auch im HR-Bereich Einzug, schreitet hierzulande im internationalen Vergleich aber nur langsam voran. Woran liegt das? Wo liegen die Probleme? Und wie sieht die Zukunft im Personalmanagement aus?
Kaum eine Entwicklung hat die Unternehmenswelt in den letzten Jahren so verändert wie die Digitalisierung. Das Internet, Smartphones, Social Media & Co haben nicht nur eine viel größere interne sowie externe Vernetzung im Unternehmen, einen höheren Automatisierungsgrad oder neue Marketingstrategien hervorgebracht, sondern auch gänzlich neue Arbeitsmodelle vom Homeoffice über die Remote Work bis hin zum digitalen Nomadentum. Es gibt jedoch einen Bereich, in welchem die Digitalisierung bis dato nur langsam Einzug gehalten hat. Kaum eine Sparte tut sich so schwer mit der Umsetzung neuer technologischer Möglichkeiten wie das Personalwesen. Der „HR-Software-Monitor“ von Haufe liefert geradezu erschreckende Zahlen:
– Nur rund 72 Prozent der deutschen Unternehmen nutzen aktuell Software-Lösungen für die Bereiche Personalentwicklung, Nachfolge- und strategische Personalplanung. Beim Outsourcing sind es sogar nur 20 Prozent.
– Lediglich 57 Prozent der Personalverantwortlichen schätzen den Digitalisierungsgrad im HR-Prozess als hoch bis sehr hoch ein. Es herrscht also dringend Nachholbedarf. Vor allem angesichts der Tatsache, dass 73 Prozent der Nutzer mit ihrer Talent-Management-Software äußerst zufrieden sind – wenn sie eben einmal implementiert wurde.
– Auch im Bereich der digitalen Personalakte hinken deutsche Unternehmen der technologischen Entwicklung hinterher: Zwar ist diese bei 85 Prozent der Befragten aus dem HR-Bereich offiziell schon digitalisiert, bei einem genaueren Blick besteht aber noch keine technische Integration mit anderen Prozessen. Außerdem bildet die eingesetzte Software bislang nur in den wenigsten Fällen den mit der Personalakte verbundenen Aufgabenbereich vollständig digital ab.
– Ein unterdurchschnittliches Wachstum lässt sich zudem im Bereich Compensation & Benefits beobachten. Dieses liegt bei nur rund vier Prozentpunkten bis zum Jahr 2020.
– HR-Tech wird im Outsourcing aktuell von nur etwa 20 Prozent der deutschen Unternehmen eingesetzt. 52 Prozent sind es bei der Zeitwirtschaft sowie operativen Personaleinsatzplanung.
– Das Schlusslicht bildet der Software-Einsatz in den Bereichen Onboarding, E-Learning und Recruiting.
Alles in allem lautet das Fazit also: Es ist noch deutlich Luft nach oben, was HR-Tech in deutschen Unternehmen angeht.
Datenschutz & Co: Wo liegen die Probleme im Bereich HR-Tech?
Eigentlich gäbe es also dringenden Handlungsbedarf in den deutschen Personalabteilungen. Dennoch herrscht im Umgang mit HR-Tech in vielen Unternehmen noch eine beinahe übertriebene Vorsicht. Dies hat verschiedene Gründe:
1. Einerseits macht die deutsche Gesetzgebung vielen HR-Software-Lösungen das Leben schwer. Die DSGVO hat nun erneut die Richtlinien im Bereich Datenschutz verschärft und damit HR-Tech zu einer noch komplexeren Angelegenheit gemacht als ohnehin schon. Hinzu kommen strenge Mitbestimmungspflichten für Arbeitnehmer, welche notwendige Veränderungsprozesse aber oftmals blockieren.
2. Andererseits sind die Entscheider mitschuldig. Im HR-Bereich herrscht eine große Angst vor der Veränderung. Je gravierender und langwieriger ein „Change Management“, umso geringer ist die Chance auf dessen Umsetzung. Eigentlich wäre es also zwar in vielen deutschen Unternehmen an der Zeit für eine komplette Umstrukturierung, um die digitalen HR-Tech-Softwarekomponenten zu integrieren. Bislang sehen viele Entscheider aber in erster Linie die Kosten und den Zeitaufwand. In Kombination mit der Angst vor dem Unbekannten und der Ungewissheit blockieren sie geradezu die Digitalisierung im Personalmanagement.
3. Zuletzt sind ein Stück weit auch die Startups und Investoren aus diesem Bereich schuld. Sie konzentrieren sich nämlich mitunter auf die falschen Sparten. Während in den USA die meisten HR-Tech-Startups im Recruiting ansässig sind, spezialisieren sich deutsche Anbieter vermehrt auf die Personalentwicklung und Weiterbildung. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels müsste aber auch hier gerade das Recruiting im Fokus stehen.
Aus diesen Gründen scheint die Umsetzung von HR-Tech zumindest in Deutschland irgendwie nicht so richtig in die Gänge zu kommen. Dabei müsste HR-Tech im Rahmen der Digitalisierung der nächste logische Schritt für deutsche Unternehmen sein. Finden diese nicht bald kompatible Lösungen auf dem deutschen Markt, werden sie zunehmend auf ausländische Software-Lösungen zurückgreifen. Und denken die Entscheider nicht bald um, sind viele Betriebe angesichts des Fachkräftemangels in naher Zukunft nicht mehr wettbewerbsfähig. Wohin also geht die HR-Tech-Reise für deutsche Unternehmen?
HR-Tech: Diese Trends sind für deutsche Unternehmen unverzichtbar
Egal, ob in Form von Outsourcing oder als Inhouse-Lösung: Jedes Unternehmen in Deutschland, welches auch zukünftig konkurrenzfähig bleiben möchte, muss in Zeiten des Fachkräftemangels sein Personalmanagement digitalisieren. Je länger auf HR-Tech verzichtet wird und die Entscheider sich von der DSGVO oder schlichtweg der Angst vor dem Ungewissen abschrecken lassen, umso schwieriger wird es werden, qualifizierte Mitarbeiter rekrutieren und an das Unternehmen binden zu können. Weiterhin bringt die Automatisierung mittels Software natürlich noch weitere Vorteile wie einen geringenen Kosten- und Zeitaufwand mit sich. Wohin also geht die Reise? Welche Trends dürfen Sie als HR-Manager auf keinen Fall verpassen?
1. Cloudbasierte Lösungen: Laut „HR-Software-Monitor“ werden vor allem cloudbasierte Lösungen zukünftig eine tragende Rolle spielen. Das betrifft in erster Linie den Bereich der Personaladministration mit Aufgaben wie der Entgeltabrechnung oder Verwaltung von Personalstammdaten.
2. Recruiting: Die Problematik namens Fachkräftemangel liegt auf der Hand. Am dringendsten ist deshalb die Digitalisierung im Bereich Recruiting – wie es die US-amerikanischen Unternehmen bereits vormachen. Dazu gehört beispielsweise eine umfassende Talent Management Software, um Mitarbeiter nicht nur im ersten Schritt rekrutieren, sondern auch anschließend im Unternehmen gezielt fördern und passgenau einsetzen zu können. Digitale Software stellt also im Bereich der Mitarbeitergewinnung und -bindung eine große Hilfe und damit einen angesichts des Fachkräftemangels unverzichtbaren Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz dar.
3. Potenzialmanagement: Ein weiterer wichtiger Trend lässt sich in Richtung Automatisierung von Performance Management, Talent Management und Potenzialmanagement beobachten. Auch hier liegen die Vorteile auf der Hand: Objektivität, Schnelligkeit sowie digitale Unterstützung bei komplexen Rechenvorgängen.
Alles in allem müssen deutsche Unternehmen aufpassen, dass Sie die Digitalisierung nicht verschlafen. Prinzipiell sollte auf lange Sicht das gesamte HR-Management auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Wer sich jedoch zu Beginn zumindest auf die drei genannten Bereiche konzentriert, verliert nicht den Anschluss zur Konkurrenz und profitiert von den zahlreichen Vorteilen, die HR-Tech mit sich bringt. Noch ist auf der Unternehmensseite eine Menge Luft nach oben.