Selbstreflexion ist essentieller Bestandteil einer jeden Coaching-Situation und die Grundvoraussetzung für inneres Wachstum und das Lösen von persönlichen Konflikten. Doch warum ist das so und was macht Selbstreflexion eigentlich aus? Und was können Sie als Coach tun, wenn es beim Klienten einmal „hakt“?
Selbstreflexion ist der Prozess des Überlegens über die eigene Situation, die Betrachtung des Selbst aus verschiedenen Perspektiven und der Vergleich des Ichs im Jetzt-Zustand mit einem möglichen Zustand. Reflexion ist ein Mittel, das genutzt werden kann, um routinierte Denkweisen, die nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führen, abzulegen. Eigene Erlebnisse werden prüfend beleuchtet; Phantasien, Wünsche, Träume ergründet, um aus der Erfahrung für die Zukunft zu lernen. Derartige Selbsterfahrung ermöglicht uns in heutiger Zeit, Abstand von dem Überfluss an Ratschlägen zu nehmen und unseren eigenen Weg zu finden. Daher ist Selbstreflexion naheliegend, um Ihren Klienten zu helfen, ihr eigenes Verhalten zu verbessern. Aber es kann schwierig sein, denn sie müssen sich dabei auch mit negativen Gedanken und Gefühlen auseinandersetzen.
Das Spannende und zugleich Schwierige an Reflexionsprozessen ist, dass Sie zu Beginn der Reise nicht wissen, wo sie enden wird. Selbstreflexion ist immer wirkungsunsicher, nicht steuerbar und ergebnisoffen. Als Coach helfen Sie Ihren Klienten bei der Suche nach einer Antwort, wer sie sind, beziehungsweise werden könnten. Antworten sind somit als Annäherungen an die persönliche Wirklichkeit und Wahrheit zu betrachten; als Anregungen zum Reflektieren – über die eigene Identität und die des Gegenübers. Denn allein mit der Erkenntnis der «Innenwelt» kann der Zugang zur Problemlösung in der «Aussenwelt» gefunden werden.
Offene Fragen als Bestandteil der Reflexion
Um Antworten zu finden, braucht es Fragen. Sie sind wesentlicher Bestandteil jeglicher Reflexion. Dabei sind es eher die offenen und zirkulären Fragestellungen, die uns zum Denken anregen. Offene Fragen oder besser: öffnende Fragen überlassen Ihrem Klienten die Entscheidung, wie und mit welchen Fakten er antworten möchte. Als Coach lernen Sie so sehr viel über die Erfahrungen, Gedanken, Erwartungen und Befindlichkeiten Ihres Klienten und öffnen diesem gleichsam den Raum für die Auseinandersetzung mit der eigenen Gedanken- und Gefühlswelt.
Fragen als Mittel, den Selbstreflexionsprozess anzuregen, funktionieren, weil sie den Menschen in den Mittelpunkt und das Leben in den Fokus nehmen. Sie lösen Gedanken, Gefühle, Assoziationen und Sinnbilder in uns aus. Sie konfrontieren und irritieren uns. Sie machen uns bewusst, was uns gerade am meisten beschäftigt und was für uns Priorität besitzt.
Vier Tipps gegen routinierte Denkweisen
Falls es bei Ihrem Klienten einmal „hakt“, helfen die folgenden Tipps. Wichtig zu beachten ist hierbei, dass Sie diese nicht blind anwenden sollten, sondern als Coach stets authentisch bleiben und sich im Klaren über die Wirkung Ihrer eigenen Handlung sein sollten.
a) Überraschungsmomente
Um Klienten aus festgefahrenen Denkmustern zu befreien hilft es, durch Überraschungsmomente neue Impulse zu geben. Verlassen Sie ein wenig das bisherige Setting und wenden Sie Methoden an, beispielsweise Verbildlichungen oder die „Wunder-Frage“.
b) Perspektivenwechsel
Fällt Ihrem Klienten der geistige Perspektivenwechsel schwer, so führen Sie diesen physisch durch. Tauschen Sie den Platz mit Ihrem Klienten und lassen Sie ihn die Thematik aus einer neuen Perspektive sehen.
c) Übungen
Führen Sie gemeinsam mit Ihrem Klienten eine Übung durch, beispielsweise „die Reise in sich selbst“, und lassen Sie den Klienten in die Rolle seiner Körperteile wechseln.
d) Emotionale Ebene
Sie können auch versuchen, Ihren Klienten behutsam von der kognitiv-rationalen Ebene auf die intuitiv-emotionale Ebene zu bewegen. Dies erreichen Sie am effektivsten durch spezifische Fragen, die auf die Emotionen abzielen.
Mithilfe dieser Tipps veranlassen Sie Ihre Klienten dazu, ihre eigenen Potentiale zu erkennen und sich im Chaos der Möglichkeiten einen eigenen Platz zu geben. Einen, mit dem sie sich emotional verbunden fühlen und der ihren Neigungen und Interessen entspricht. Gleichermaßen geben Sie ihnen durch Ihr gezieltes Einlenken Struktur und Halt.